Mit einer Predigtreihe und einem Gesprächsabend "Sie gehören zu uns" am Donnerstag will die Gemeinde jetzt über das NS-Erbe diskutieren. Die NS-Vergangenheit von St. Jacobi ist auch Teil der Ausstellung "Neue Anfänge?", die noch bis zum 21. Februar in der City-Kirche gezeigt wird.
Das großformatige Ölgemälde von Bischof Tügel hat die Gemeinde inzwischen aus der Ahnengalerie der Hauptpastoren entfernt. Ersetzt wurde es durch ein Foto in der Größe der anderen Hauptpastoren. Das Bild Drechslers hängt dort noch. "Sie gehören zu uns, und weil sie zu uns gehören, wollen wir auch einen kritischen Blick auf sie werfen dürfen", sagte Hauptpastorin Astrid Kleist.
"Schillernde Persönlichkeit"
Tügel war nach den Worten Kleists eine "schillernde Persönlichkeit". Er sei bereits 1931 in die NSDAP eingetreten und bekennender Antisemit gewesen. Andererseits habe er einzelne Juden vor Denunziationen bewahrt. Tügels Sohn sei einer der wenigen Freunde des verfolgten jüdischen Jungen Ralph Giordano gewesen, der später erfolgreicher Schriftsteller wurde.
Tügel wurde 1916 Pastor an St. Nikolai und ging später an die Gnadenkirche St. Pauli. Er war NSDAP-Gauredner und Mitglied der NS-nahen "Deutschen Christen". Im Juli 1933 stieg Tügel zum Oberkirchenrat auf und wurde im 1934 Hamburger Bischof, kurze Zeit später dann auch Jacobi-Hauptpastor.
Das Hauptpastoren-Amt hatte er bis 1940 inne. Als er sich auch nach Kriegsende nicht von der NS-Ideologie distanzieren wollte, wurde er 1945 aus dem Bischofsamt gedrängt. Er starb 1946 an den Folgen von Gelenkrheumatismus.
Schwer zu vereinende Gegensätze
Adolf Drechsler (1889-1970) war eng mit Tügel befreundet und löste ihn 1940 als Hauptpastor an St. Jacobi ab. Gemeinsam mit Tügel hatte Drechsler die Gruppe der "Deutschen Christen" aufgebaut. Nach dem Krieg blieb er im Amt und erwarb sich große Verdienste um den Wiederaufbau der Kirche und der Arp-Schnitger-Orgel. 1960 trat er in den Ruhestand.
Drechsler sei ein imposanter Prediger gewesen, sagt Hauptpastorin Kleist. Es sei als Respektsperson und Seelsorger geschätzt worden. Es sei deshalb für viele in der Gemeinde schwer zu vereinen, dass Drechsler auch NS-Anhänger und Antisemit gewesen sei. Er habe auch zugelassen, dass sein Jacobi-Kollege Pastor Struewer in den Gottesdiensten das "Amen" und das "Halleluja" verbot, weil die Worte aus der aramäischen Sprache stammen.
Gesprächsabend zum Umgang mit der Nazi-Vergangenheit in St. Jacobi
Zeit: Donnerstag, 11. Februar 2016, 19:30
Ort: Hauptkirche St. Jacobi, Gemeindesaal
Der Eintritt ist frei