Aids-Seelsorge in Hamburg „Bei uns sind Menschen keine Beratungsfälle“

Regenbogenfahnen zieren zur Pride-Week auch die Kirchtürme.

In der kommenden Woche weht am Hamburger Rathaus wieder die Regenbogenflagge. Sie ist ein Symbol für die Pride-Week und den Christopher-Street-Day, der am 6. August in Hamburg mit einer Parade begangen wird. Ein Highlight für Menschen, die für mehr Vielfalt und gesellschaftliche Akzeptanz demonstrieren. Auch die Aids-Seelsorge der evangelischen Kirche in Hamburg beteiligt sich jährlich mit Veranstaltungen und einem Stand auf dem CSD-Straßenfest. Doch auch an fast jedem anderen Tag im Jahr begleitet der leitende Pastor der Aidsseelsorge Thomas Lienau-Becker Menschen mit einer HIV-Infektion.

Die AIDS-Seelsorge „positiv leben & lieben“ befindet sich seit 1994 mitten im Herzen St. Georgs. Seit 2018 ist Pastor Thomas Lienau-Becker hauptamtlicher Leiter. Nicht wenige HIV-infizierte Menschen, die der Seelsorger begleitet, leben in prekären Lebensverhältnissen und haben mit Altersarmut zu kämpfen. „Menschen, die sich in den 80er und 90er Jahren mit Aids infiziert haben, mussten aufhören zu arbeiten. Die Diagnose hat ihr Leben zerschossen“, berichtet Lienau-Becker. Heute ist eine HIV-Infektion dank wirksamer Medikamente zwar nicht mehr tödlich, sie beeinflusst dennoch das Leben der Infizierten.

„Häufig sind es lebenspraktische Themen, die Sorgen bereiten“, so der Pastor. Die Menschen kommen aus ganz Hamburg und Umgebung nach St. Georg und nutzen die unterschiedlichen Angebote. „Alle sind willkommen. Ein Vorteil der kirchlichen Aids-Seelsorge ist es, dass wir kirchensteuerfinanziert sind. Bei uns sind Menschen keine Beratungsfälle. In anderen Einrichtungen werden Menschen teilweise abgewiesen, da sie laut dem Sozialgesetzbuch kein Anspruch auf Beratung haben“, berichtet Lienau-Becker.

 

Gottesdienste mit Themen aus der Lebenswelt HIV-Infizierter

Neben Einzelberatungen, Gruppen und Treffs bietet die Aids-Seelsorge auch regelmäßig einen Gottesdienst in der Dreieinigkeitskirche an. „Wir arbeiten seit Jahren eng mit der Kirchengemeinde St. Georg-Borgfelde zusammen und feiern auch gemeinsam“, so Thomas Lienau-Becker. Die Gottesdienste stehen stets in Bezug zu Themen aus der Lebenswelt von HIV-Infizierten. In der Pride Week wird zum Thema „Unsere Orte. Sichtbar und sicher“ (Dreieinigkeitskirche, 31. Juli, 18 Uhr) zusammen mit der Basisgemeinde MCC Hamburg gefeiert. „Unsere Orte meint besondere oder auch heilige Orte der LGBTIQ+ Szene. Das sind Cafés, Zentren, aber auch Sexorte. Es geht bei dem Thema vor allem um die Sichtbarkeit von verschieden Lebensstilen.“, erzählt Lienau-Becker.

 

Evangelische Kirche beteiligt sich seit Jahren am CSD

Die kommende Pride-Week und der CSD sind natürlich auch für die Aids-Seelsorge ein besonderes Highlight. „Die evangelische Kirche in Hamburg beteiligt sich seit vielen Jahren selbstverständlich am CSD“, so Pastor Lienau-Becker. Auch in diesem Jahr wird der blaue Pavillon der Aids-Seelsorge wieder beim CSD-Straßenfest (5.-7. August) am Jungfernstieg zu finden sein und macht das vielfältige Beratungs- und Seelsorgeangebot sichtbar.

Alle Infos zur Aids-Seelsorge des Ev.-luth. Kirchenkreisverbandes Hamburg sind auf aidsseelsorge.de abrufbar. Die Gottesdienste finden jeden letzten Sonntag im Monat um 18 Uhr in der Hl. Dreieinigkeitskirche (St. Georgs Kirchhof) statt.

Alle Termine und weitere Informationen zur Pride-Week vom 30. Juli bis 7. August sind unter hamburg-pride.de zu finden.