Vom SMS-Fasten bis zum totalen Konsumverzicht Das Bewusstwerden des Eingeschliffenen

Nach einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2010, findet jeder zweite Deutsche Fasten gut. Die meisten wollen auf Süßigkeiten und Alkohol verzichten. Einige lassen in dieser Zeit auch das Auto oder den Computer links liegen.

 

In den letzten Jahren haben sich auch ausgefallene Fastenvorhaben etabliert. Der Verzicht auf das übliche Ja-sagen oder das-letzte-Wort-haben-wollen – alles Aktionen aus der evangelischen Kirche. Besonders angenehm für Arbeitskollegen und Familie dürfte auch das „Meckerfasten“ sein – hierzu hatte einst die Zeitschrift „Brigitte“ aufgerufen.

 

Fasten – keine Gewichtreduktion

Und was macht die kirchliche Leitung? Propst Karl-Heinrich Melzer zum Beispiel verzichtet auf Süßigkeiten. „Es ist etwas, was ich nebenbei nehme. Es tut mir, glaube ich, gut mal zu überlegen, was ich auch sein lassen kann.“ Für ihn sei Fasten jedoch kein Begriff für Gewichtsreduktion, sondern eine Möglichkeit sich zu überlegen, an was man im Alltag festhält.

 

Propst Jürgen F. Bollmann, bischöflicher Vertreter im Sprengel Hamburg, verzichtet während der Fastenzeit auf „Anschaffungen und Einkäufe, die nicht überlebensnotwendig sind.“ Durch diese „Zeiten der Einkehr“ habe man die Chance sich auf das Wesentliche des eigenen Lebens zu konzentrieren und könne Geist, Körper und Seele entschlacken. Der Einsatz lohnt sich: „Ich werde wieder aufnahmefähig für alles, was von außen kommt, nehme es intensiv wahr, ohne auf bewusstseinserweiternde Mittel zurückgreifen zu müssen.“

 

Fastengruppen

Sieben Wochen lang Fasten kann auch herausfordernd sein. Doch es gibt Aktionen, die den Fastenden hilft, sich während dieser Zeit nicht alleine zu fühlen. In verschiedenen Städten treffen sich nämlich Fastengruppen, um sich auszutauschen. Zum Beispiel bei der „Hartz-IV-Fasten-Aktion“ im südlichen Hamburg. Dort versuchen die Teilnehmer vier Wochen lang mit dem Geld aus dem Hartz-IV-Regelsatz auszukommen.

 

Bei der Briefaktion „7 Wochen anders leben“ vom Verein „Andere Zeiten“ – kommt geistliche Unterstützung mit der Post. Jede Woche gibt es einen Brief mit Erfahrungen Mitfastender, Karikaturen, Gedichten und biblischen Geschichten. 20.000 Menschen machen inzwischen mit.

 

Die Gründe für das Fasten sind verschieden. Die einen wollen ihre Willensstärke testen, die anderen seelischen Ballast abwerfen. Meist wird die Fastenzeit als Rückbesinnung auf sich selbst angesehen. Für Propst Melzer ist Fasten aber vor allem eine Methode um Klarheit zu gewinnen. Diese Klarheit sei wichtig, weil man durch das Fasten erkenne, wie sehr man durch Gewohnheiten eingeengt wird. „Bestimmte Dinge prägen das Leben mehr, als man es im Alltag eigentlich wahrnimmt“, erklärt Melzer. „Fasten ist das Bewusstwerden des Eingeschliffenen.“

 

Tordis Stefan / Mechthild Klein (www.kirche-hamburg.de)

 

 

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