"Das Vergangene ist vorbei"

Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs predigte im Versöhnungsgottesdienst

Hamburg - Es war ein langer, schmerzhafter Weg für Corinna Boller. Aber auch ein mutiger. Gestern mündete er in ein Zeichen der Versöhnung. Mit einem bewegenden Kerzen-Ritual, Fürbitten und spiritueller Sufi-Musik feierten sie und andere Missbrauchsopfer den ersten Versöhnungsgottesdienst in der Nordkirche zum sexuellen Missbrauch.

"Abgeschlossen wird dieses Thema für uns als Kirche nie sein", sagte die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs, die in der Hauptkirche St. Katharinen vor mehr als 100 Besuchern predigte. Die Kirche habe versagt und der Gewalt nicht Einhalt geboten.

Der Versöhnungsgottesdienst war von Corinna Boller initiiert worden, die von Ende der 70er-Jahre bis Mitte der 80er-Jahre durch einen Ahrensburger Gemeindepastor sexuell missbraucht worden war. Öffentlich bekanntmacht wurden die Taten erst 2010 - maßgeblich durch sie.

"Das Vergangene ist vorbei", sagte Corinna Boller während des Kerzen-Rituals. Gott habe die zerrissenen Fäden ihrer Liebe auch zu den Menschen der Kirche wieder neu gewebt. Jeder der Besucher trug dabei eine Kerze in den Altarraum.

In mehr als zwei Jahren sei durch viele Gespräche mit den Opfern und Mails Vertrauen gewachsen, sagte Bischöfin Fehrs. Es sei hart gewesen, zu begreifen, was wirklich passiert sei. "Missbrauch und Gewalt in den Räumen, wo empfindsames Leben geschützt sein sollte." Damit habe die Kirche ihre Mitte, Jesus Christus selbst, verlassen.

Der Gottesdienst sei kein Schlussstrich, betonte Hauptpastorin Ulrike Murmann in ihrer Begrüßung. Die Beteiligten stünden mitten in einem langen Prozess. "Wir öffnen eine neue Tür und wagen diesen Schritt." 

Der Ahrensburger Pastor Dieter Kohl hatte eingeräumt, dass er seit Anfang der 70er Jahre über Jahrzehnte hinweg Jugendliche missbraucht hatte. Der pensionierte Pastor hat die Kirche inzwischen auf eigenen Wunsch verlassen und damit einen Teil seiner Pensionsansprüche verloren.

Die damalige Hamburger Bischöfin Maria Jepsen trat im Juli 2010 zurück, um nach eigenen Worten "ein öffentliches Zeichen" gegen sexuellen Missbrauch zu setzen.