Bischöfin Fehrs zum Umgang mit der AfD Den Dialog nicht verweigern


Wie lässt es sich angemessen mit Christen in der AfD beziehungsweise mit AfD-Sympathisanten in der Kirche umgehen? Bischöfin Kirsten Fehrs äußerst sich zu dieser und weiteren Fragen im Interview. 

Sind die politischen Positionen der AfD, zum Beispiel der Wunsch nach Bewahrung der „deutschen Leitkultur“, Schließung der EU-Außengrenzen, Abschaffung des Asylgrundrechts, des Gender Mainstreamings oder die Leugnung des Klimawandels, vereinbar mit christlichen Werten und Überzeugungen?
Bischöfin Fehrs:
Die Bibel ist zwar kein Parteiprogramm, man kann an ihr aber sehr wohl bestimmte Grundhaltungen prüfen. So sagt Jesus zum Beispiel: „Was ihr getan habt einem meiner geringsten Brüder, das habt ihr mir getan“, und zwar mit ausdrücklichem Bezug auf den „Fremden“. Das passt schlecht zu einer Grundhaltung, die Fremde und Zuwanderer per se ablehnt. Und dass Christinnen und Christen die Welt als Gottes Schöpfung verstehen und sie bewahren sollen, ist aus meiner Sicht auch klar.

AfD-Mitglied und Kirchenmitglied sein – geht das?
Das müssen Sie die AfD-Mitglieder fragen! Unsere Kirchenverfassung sagt ganz klar: Die Nordkirche tritt ein für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung sowie für die Wahrung der Menschenwürde und der Menschenrechte. Und, ganz wichtig: Die Nordkirche wendet sich gegen alle Formen der Diskriminierung und setzt sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben der Menschen ein. Vor allem aber ist die Kirche die Gemeinschaft derjenigen, die sich um Wort und Sakrament sammeln – wer sich in der Taufe dazu bekennt, gehört dazu, es sei denn, er oder sie tritt wieder aus. In jedem Fall ist es innerhalb unserer Kirche nicht akzeptabel, wenn volksverhetzende oder diskriminierende Positionen laut werden – hier gilt es klar gegenzuhalten.

Führende AfD-Politiker sind auch als Kirchengemeinderäte und Synodale aktiv – aus demokratischer Sicht in Ordnung oder gefährlich?
Mir sind keine Fälle bekannt, in denen führende AfD-Politiker in Nordkirchen-Gremienvertreten wären, und auch überregional würde ich das eher als Randphänomen sehen. Es ist ja im Gegenteil eher so, dass führende AfD-Politiker in ihren Reden sehr regelmäßig die Kirchen angreifen. Grundsätzlich bietet das Kirchenrecht die Möglichkeit, Kirchengemeinderäte abzuberufen, wenn sie zum Beispiel den Auftrag der Kirche missachten. Das hängt dann aber vom Verhalten des Einzelnen ab, nicht von einer Parteimitgliedschaft.

Jedem Menschen eine Umkehr zutrauen

Heinrich Bedford-Strohm lehnt den Dialog mit „harten Rechtsextremen“ ab, möchte „Sorgen und Bedenken“ neuer AfD-Anhänger, die sich von den etablierten Parteien abwenden, aber ernst nehmen und hinterfragen, woher die Angst kommt. Für welche Haltung plädieren Sie?
Ich gestehe erstmal jedem Menschen eine eigene Meinung zu – genauso, wie ich auch jedem eine Umkehr zutraue. Gerade unsere Bibel ist ja voll von Geschichten, in denen das Evangelium Menschen verändert. Insofern: Natürlich muss man auch mit AfD-Wählern reden. Was Neonazis angeht, da gebe ich Heinrich Bedford-Strohm völlig recht: Hier ist ein Dialog kaum möglich. Allerdings sollten wir auch diese Menschen nicht verloren geben – es gibt ja immer wieder Beispiele von Aussteigern aus dieser Szene.

Wie sollten Kirchengemeinden aus Ihrer Sicht mit AfD-Mitgliedern oder -Anhängern in den eigenen Reihen umgehen?
Da hilft aus meiner Sicht nur eins: Immer wieder die Kernthemen unserer Botschaft zur Sprache bringen. Das Christentum ist eben nicht ein Merkmal völkischer Abgrenzung, sondern Nächstenliebe über alle ethnischen und sozialen Grenzen hinweg. Es bedeutet, sich für Schwächere und Verfolgte einzusetzen, es bedeutet auch: Dem anderen zuhören statt ihn niederzubrüllen. Wenn Kirchenmitglieder in Wort und Tat dagegen handeln, dann muss man sie klar mit diesem Anspruch des Evangeliums konfrontieren.