"Hannoverscher Bahnhof" Die Todesfuge in der Hafencity

Die "Fuge" des neuen Denkmals

Hamburg – In der HafenCity ist am Mittwoch der Gedenkort "Hannoverscher Bahnhof" feierlich eingeweiht worden. Er erinnert an die Deportation von mehr als 8.000 Juden, Sinti und Roma in osteuropäische Konzentrationslager.

Eine 40 Meter lange "Fuge" aus Beton hält die Erinnerung an den ehemaligen Bahnhof wach. Sie führt vom ehemaligen Bahnhofsvorplatz entlang des historischen Gleisverlaufs bis zum Bahnsteig. Von den nachweislich 8.083 Deportierten sind 7.741 namentlich bekannt.

Es ist bundesweit der erste Erinnerungsort, der sowohl jüdischen Opfern wie auch Opfern der Roma und Sinti gewidmet ist. Zielgruppe des "denk.mal" sind vor allem junge Menschen, die keine Zeitzeugen mehr persönlich kennen. Im Umkreis des Denkmals stehen Bänke und ein Picknick-Platz zum Verweilen bereit.

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nannte den "Hannoverschen Bahnhof" ein "Symbol für ein dunkles Kapitel der Hamburger Geschichte". Mit dem neuen "denk.mal" könne dieser "Ort des Schreckens und der Mahnung" in das Gedächtnis der Stadt aufgenommen werden. Zugleich sei er "die Aufforderung, die Humanität gegen Widerstände und Widersacher zu verteidigen."

Die Eröffnung wird bis 16. Mai mit einem umfangreichen Programm umrahmt. Geplant sind Zeitzeugen-Gespräche, Konzerte und Führungen. Das Programm auf einen Blick

  • Der "Hannoversche Bahnhof" war im 19. Jahrhundert Ausgangspunkt für alle Zugfahrten ab Hamburg Richtung Süden. Nach dem Bau des nahe gelegenen Hauptbahnhofs 1906 wurde er Güterbahnhof und zum Teil abgerissen. Zwischen 1940 und 1945 starteten von dem abgelegenen Gelände 20 Züge in Richtung Osten. Für fast alle Deportierten war es eine Zugfahrt in den Tod.

  • Entwickelt wurde der Gedenkort gemeinsam mit den Opferverbänden. Dazu zählen die Jüdische Gemeinde, die Roma und Cinti Union, der Landesverein der Sinti und das Auschwitz-Komitee.

    Schon 1993 hatte die Deutsch-Jüdische Gesellschaft auf einer Tafel im Hamburger Hauptbahnhof auf den Ort der Deportationen hingewiesen. Im Jahr 2000 wurde bei den Planungen zur HafenCity erstmals über einen Gedenkort diskutiert, eine erste Studie dazu wurde 2004 erstellt.

    Auf dem Hamburger Kirchentag 2013 wurde der Vorplatz des Hannoverschen Bahnhofs zugänglich gemacht, im September 2013 folgte ein Info-Pavillon im Lohsepark. Im Juli 2016 wurde der gesamte Lohsepark als Teil der neuen Hamburger HafenCity von Bürgermeister Scholz eröffnet. In zwei Jahren wird mit dem Bau eines Dokumentationszentrums am Lohsepark begonnen.

  • Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, nannte den Gedenkort bei der Eröffnung "ein notwendiges Zeichen gegen populistische Parolen und agitatorische Reden". Im Deutschland des Jahres 2017 seien Antisemitismus und Antiziganismus "leider wieder reale Zustände", sagte er.

    Zu beobachten seien "das Schüren von irrationalen Ängsten" sowie eine "demokratiefeindliche Stimmung". Daher gehe es heute um "das Denken und Mitdenken" und um den "Widerstand gegen menschenverachtende und plumpe Stimmungsmache".

    Nach den Worten von Romani Rose, Präsident des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, ist historisches Erinnern "immer auch gelebte Verantwortung für die Gegenwart". Dafür stehe der neue Gedenkort in der HafenCity. "Wir müssen gemeinsam dafür einstehen, dass wir eine Gesellschaft mit menschlichem Gesicht bleiben", sagte er.