500 Jahre Reformation Festgottesdienst im Hamburg Michel

500 Jahre Reformation – Jubiläumsgottesdienst in der Hauptkirche St. Michaelis © Nordkirche

Die Reformation hat nach den Worten von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Hamburgs Entwicklung positiv beeinflusst. So habe sie der Hansestadt eine reformierte Stadtverfassung gebracht, sagte Scholz am Dienstag beim Festgottesdienst im Michel. Die Reformation habe eine solche Kraft entwickelt, weil sie eine "Entdeckung des Ich" gewesen sei, betonte Bischöfin Kirsten Fehrs. "Ich bin so frei, selber zu denken." Die Gemeinschaft dürfe dabei aber nicht aus dem Blick geraten. 

Scholz erwähnte auch die Schattenseiten Luthers wie dessen antisemitische Äußerungen. Es sei eine große Leistung des Protestantismus, die Widersprüchlichkeit von Reformator und Reformation zu akzeptieren. "Dass Religion und Aufklärung kein Widerspruch sein müssen, das ist im Lutherjahr ein wichtiges Signal."

Die Reformation könne auch heute noch Impulse zur Veränderung geben, sagte die Bischöfin in ihrer Predigt. Luther habe überkommene Strukturen infrage gestellt. "Ein einzelner Mensch, der der Institution mit großer Distanz gegenüber steht - das ist ein ziemlich modernes Phänomen." So müssten Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Institutionen immer wieder um Akzeptanz werben.

"Menschen brauchen Institutionen, wenn nicht das Recht des Stärkeren herrschen soll", sagte Fehrs. Hier könne der Reformationstag künftig eine wichtige Rolle spielen. Es gehe dabei nicht um konfessionelle Abgrenzung, sondern um eine Besinnung auf gemeinsame Wurzeln und die notwendigen Veränderungen. Der Glaube verändere nicht deshalb die Welt, weil die Kirche etwas fordere, sondern weil verantwortungsbewusste Christenmenschen in Beruf und Politik dafür einstehen.

Blievt dicht bi de Minschen

Plattdeutsch-Autor Gerd Spiekermann wies in der Rolle als Hamburger Reformator Johannes Bugenhagen auf die Erfolge der Reformation hin. Dazu zählten Volksbildung durch Schulen, Armenfürsorge, ärztliche Versorgung und öffentliche Bibliotheken. Spiekermann ermahnte die Kirche: "Blievt dicht bi de Minschen. Snackt ehr Sprook." ("Bleibt dicht bei den Menschen. Redet ihre Sprache.") 

Synoden-Präses Andreas Tietze dankte allen, die sich im Reformationsjahr für einen Dialog über politische, weltanschauliche und religiöse Grenzen hinweg eingesetzt haben. Wenn es gelungen sei, einzelne Menschen so anzusprechen, dass sie einen realistischen und mutigen Blick auf die Zukunft gewinnen, sei viel erreicht worden.

Bischöfin Fehrs begrüßt Hamburgs Ersten Bürgermeister Scholz © Marcelo Hernandez/Hamburger Abendblatt

Bischöfin Kirsten Fehrs predigt beim Jubiläumsgottesdienst im Hamburger Michel © Nordkirche

Nordkirchen-Präses Andreas Tietze, Erster Bürgermeister Olaf Scholz, Bischöfin Kirsten Fehrs, Archdeacon of Cambridge Alex Hughes, Hauptpastor Alexander Röder (v.l.) © Astrid Pongs