Anschläge in Brüssel Flughafenseelsorger: "Die Stimmung ist verhalten"

Flughafenseelsorger Björn Kranefuß

Die Terroranschläge am Flughafen Brüssel erschüttern. Wie sieht es am Tag danach im Hamburger Airport aus? 70.000 Menschen halten sich dort täglich auf. Was sie jetzt bewegt, haben wir Flughafenseelsorger Björn Kranefuß gefragt

Viele Menschen fühlen sich durch die Terroranschläge bedroht, bei denen in Brüssel mindestens 31 Menschen getötet und 270 verletzt wurden. Ist das bei Ihnen zu spüren?
Kranefuß: Die Direktflüge nach Brüssel wurden eingestellt. Sonst hat sich äußerlich nicht viel verändert. Doch die Stimmung der Passagiere, ihrer Begleiter und der Beschäftigten ist spürbar verhalten.

Ist mehr Polizei unterwegs?
Bereits seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ist der Flughafen ein hoch gesicherter Ort. Im vergangenen Jahr wurden die Maßnahmen noch einmal verschärft. Durch den Terror von Brüssel hat sich die Gefahrenlage nicht verändert. Zwar war gestern mehr Polizei zu bemerken, heute hat sich das normalisiert.

Aber die subjektive Empfindung verändert sich.
Das stimmt. Heute morgen habe ich Andacht in der Flughafenkapelle gehalten. Eine Besucherin aus der Nachbarschaft, die regelmäßig kommt, erzählte mir, sie habe gezögert daran teilzunehmen. Dann habe sie sich aber doch dazu entschlossen, weil sie sich nicht einschüchtern lassen wollte.

Was bedeutet der Anschlag von Brüssel für den Notfallplan des Flughafens?
Wir sind auf alles vorbereitet. Trotzdem setzt man sich nach so einem schrecklichen Ereignis zusammen und versucht zu schauen, was man verbessern könnte. Man fragt sich: Stimmen unsere Strukturen und Abläufe für solch einen Notfall? Das war auch nach dem Flugzeugabsturz der Germanwings-Maschine vor einem Jahr so.

Was sagen Sie zu Vorschlägen, stärker zu kontrollieren, zum Beispiel schon beim Eintritt in den Flughafen?
Das ist eine Gratwanderung. Klar könnte man Gepäck und Personen schon an den Türen durchleuchten. Aber damit schränkt man zugleich die Freizügigkeit jedes Einzelnen ein. Auch wirtschaftlich würde sich das auswirken. Der Flughafen ist ja mit seinen Geschäften und Arztpraxen wie eine kleine Stadt. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Terroranschlags zu werden, verringert sich durch zusätzliche Kontrollen nicht. Da müsste man jeden U-Bahn-Eingang, jedes Volksfest prüfen.

Was ist jetzt Ihre Aufgabe als Seelsorger?
Wir sind im Notfall für die Menschen da, die nicht körperlich verletzt wurden. In der aktuellen Situation hören wir zu und unterstützen, wenn es darum geht, mit Sorgen und Ängsten klar zu kommen und zu entscheiden, wie man sich weiter verhalten möchte.