Projekt Kitas öffnen für Geflüchtete

Badespaß: Nia genießt das warme Wasser und ihre Mutter Maryam freut sich

Nia sitzt in einer Plastikwanne und juchzt vor Freude. Wieder und wieder schlägt sie mit ihren Fäustchen auf das Wasser und wirbelt die Schaumkronen durcheinander. Ihre Mutter Maryam (30) steht daneben und lacht.

Einmal pro Woche wird die evangelische Kita St. Simeon in Alt-Osdorf zu einem Rückzugsort für bis zu zehn geflüchtete Frauen und ihre Kinder, die in der nahe gelegenen Erstunterkunft am Rugenbarg leben. An dem Projekt des Kita-Werks Altona Blankenese beteiligen sich auch vier weitere Kitas im Hamburger Westen.

Für rund drei Stunden kann Maryam ihren Alltag vergessen. Mit ihrem Mann, Nia und ihrer sieben Jahre alten Tochter Hasti lebt sie in einer von zwei Hallen eines ehemaligen Baumarkts. 1620 Menschen können hier unterkommen. Duschen und Toiletten sind auf dem Hof.

Laut sei es, die Stimmung zwischen den Menschen oft angespannt, erzählt Maryam. Hier ist es ruhig. Die heruntergelassenen Rollos schützen vor Blicken. An diesem Nachmittag sind neben Maryam drei weitere Frauen aus Afghanistan mit ihren Kindern gekommen. Sie haben ihre Kopftücher abgelegt.

Es duftet nach Hühnchen und gedünsteten Zwiebeln

Gemeinsam trinken sie Tee, plaudern, lernen Deutsch, die Kinder spielen. Ehrenamtliche sind ihre Ansprechpartnerinnen, betreuen auch die Mädchen und Jungen.

Über eine Wendeltreppe ist die Kita mit dem Gemeindehaus verbunden. Dort steht Shiba am Küchentresen und bereitet das Essen zu. Die Ehrenamtliche Emma Rief-Cors, 63, hilft ihr dabei. Die Frauen verständigen sich mit Gesten. Es duftet nach Hühnchen und gedünsteten Zwiebeln.

In einem Gang vor der offenen Küche schafft eine Stellwand etwas Privatheit. Dahinter ist der Eingang zu einer Dusche. „In Ruhe zu duschen und sich zu pflegen, ist für die Frauen ein großer Luxus“, sagt Bärbel Dauber. Gespendete Handtücher, Seife und Körperlotion liegen in einer Plastikbox bereit.

Maryam zieht sich zum Gebet zurück

Maryam hat bereits geduscht. Jetzt rubbelt sie Nia ab und gibt sie einer der Helferinnen auf den Arm. In einer mit einem Tuch abgetrennten Ecke zieht sie sich zum Gebet zurück.

Seit Ende Februar läuft das Projekt des evangelischen Kita-Werks Altona-Blankenese, das unter anderem Träger von 20 Kitas im Hamburger Westen ist. Vieles, was den Frauen in den Flüchtlingsunterkünften fehle, sei in den Kitas vorhanden, sagt Projektleiterin Bärbel Dauber: eine geschützte Atmosphäre, Platz zum Spielen, ein sicheres Außengelände, Duschen, eine Küche. „Warum nicht die Räume nutzen, die am Nachmittag nicht gebraucht werden?“

Bevor das Projekt starten konnte, mussten jedoch einige Bedenken der Eltern ausgeräumt werden. „In ihren Augen ist die Kita eine Art Zuhause für ihre Kinder“, erklärt Dauber. Also beschlossen sie gemeinsam, die Regale für private Dinge der Kinder mit Stoff abzuhängen, wenn die Gäste da sind. Dass die Kita jeden Morgen gereinigt wird, ist sowieso Standard. Am Ende seien die Eltern überzeugt gewesen und unterstützten die Initiative.

Eine Atempause für die Frauen

Die Frauen, die kommen, werden von den Sozialarbeiterinnen der Unterkunft ausgewählt. Es sind vor allem solche, die eine Atempause besonders nötig haben: Mütter und Alleinreisende mit kleinen Kindern, Wöchnerinnen.

Maryam ist schon zum dritten Mal hier. Sie erzählt von der Flucht über den Iran und die Türkei auf dem Landweg. Ein halbes Jahr war Nia alt. Seit ihrer Geburt hat sie einen Herzfehler, den die Familie in ihrer Heimat nicht behandeln lassen konnte.

Hier könnten sie und die Kinder Spaß haben, sagt Maryam und lächelt. Es tue gut, unter Frauen zu sein. Im Foyer vor dem Küchentresen bauen Ehrenamtliche jetzt Tische auf, decken sie für das Essen. Maryam und die anderen Geflüchteten leben seit ihrer Ankunft in Hamburg von Kantinenessen. Selbst zu kochen, ist in der Unterkunft nicht vorgesehen.

Fünf Kitas beteiligen sich bislang an dem Projekt. An jedem Wochentag hat eine andere Kita nahe einer Erstunterkunft geöffnet. Drei weitere stünden in den Startlöchern, sagt Dauber. Inzwischen sind die Ehrenamtlichen in St. Simeon so eingespielt, dass sie auch ohne ihre Projektleiterin auskommen würden. Dauber hofft, dass noch viele weitere Kitas dem Beispiel folgen.