Landesbischof begrüßt Kompromiss um Kirchenasyl

Ein Paar im Kirchenasyl - eine Aufnahme aus Essen

Lübeck-Travemünde/Hamburg - Nordkirchen-Landesbischof Gerhard Ulrich hat das Kirchenasyl verteidigt und die Vereinbarung der beiden großen Kirchen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge begrüßt. Sich um bedrohte Flüchtlinge zu kümmern, gehöre zum Kernbestand des christlichen Glaubens, sagte Ulrich während der Landessynode am Freitag in Lübeck-Travemünde.

Auch die Eltern von Jesus hätten kurz nach der Geburt flüchten müssen, weil ihr Kind bedroht gewesen sei. Ulrich: "Wir glauben an Jesus Christus, ein Kind aus einer Flüchtlingsfamilie."

Im Streit um das Kirchenasyl haben sich Behörden und Kirchenvertreter auf einen Kompromiss verständigt. Die Kirchen sollen die Möglichkeit erhalten, Fälle, die in einem Kirchenasyl münden könnten, künftig noch einmal vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) überprüfen zu lassen.

Wie die Kirchen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag jeweils mitteilten, ist dazu ein Pilotprojekt bis Herbst geplant. Im Gegenzug will das Bundesamt zunächst darauf verzichten, die Abschiebefrist für die besonders umstrittenen Dublin-Fälle zu verlängern.

60 Fälle von Kirchenasyl in der Nordkirche

Aktuell gibt es in der Nordkirche 60 Fälle von Kirchenasyl mit rund 130 Menschen. Die meisten Fälle seien in Hamburg (31) angesiedelt, gefolgt von Schleswig-Holstein (17) und Mecklenburg-Vorpommern (12), sagte Flüchtlingspastorin Dietlind Jochims.

Sie nannte einige Beispiele für Kirchenasyl: So soll ein 18-jähriger Afghane nach Italien abgeschoben werden, obwohl er hier seinen kranken Vater und den kleinen Bruder versorgt. Nach Ausländerrecht ist er erwachsen und nicht mehr Teil der Familie.

Auch ein junger Somalier, der bereits sehr gut deutsch spricht, und ein homosexueller Iraker befinden sich Kirchenasyl. Eine syrische Familie, die nach Polen abgeschoben werden soll, ist durch den Krieg so stark traumatisiert, dass die Ärzte bei einer Abschiebung Todesfälle befürchten.

Kirchenkreis Hamburg-Ost protestierte beim Bundesamt

Erst Anfang der Woche hatte sich der Kirchenkreisrat des Kirchenkreises Hamburg-Ost mit einer Erklärung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewandt und bekräftigt, er werde an der bisherigen Praxis festhalten. "Wir tun das auch deshalb, weil wir diese Praxis als einen der Situation angemessenen Beitrag zum Funktionieren unseres Gemeinwesens verstehen", heißt es in der Erklärung.

De Maizière hatte den Kirchen vorgeworfen, sich mit ihrer Praxis über geltendes Recht zu stellen. In seinen Augen wird das Kirchenasyl benutzt, um die sogenannte Dublin-Regel im europäischen Recht auszuhebeln.

Nach dieser Regel müssen Flüchtlinge in dem EU-Staat Asyl beantragen, über den sie zuerst nach Europa eingereist sind. Um dieses Prinzip durchzusetzen, können EU-Staaten die Flüchtlinge in den jeweils anderen Staat abschieben. Dafür gilt eine Frist von sechs Monaten. Weil diese durch das Kirchenasyl häufig überschritten wird, hatte das BAMF gedroht, die Frist auf 18 Monate heraufzusetzen.