Lifting für Luther

Nachdenkliche Reformatoren - Philipp Melanchthon und Martin Luther am Portal der Auferstehungskirche

2017 jährt sich Luthers Thesenanschlag zum 500. Mal - der Beginn der Reformation, die Geburtsstunde der Evangelischen Kirche. Auf dem Weg dorthin feiert sie bundesweit das Themenjahr „Bild und Bibel“, das am 31. Oktober in Ottensen eröffnet wird. In den kommenden Wochen stellen wir Menschen und Projekte in Hamburg und Umgebung vor, die Lust machen, Luther und die Reformation neu zu entdecken.

Der Nase fehlt ein Stück, die Lippen sind ramponiert. So sieht Luther heute aus - zumindest seine Büste am Portal der Auferstehungskirche in Barmbek-Nord. Die Gemeinde nutzt die geplante Restaurierung für ein „Lifting“. Sie fragt nach, was anders und besser werden könnte in der Kirche, aber auch in einem Stadtteil im Umbruch. Wenn Luther heute über die „Fuhle“ schlenderte – was würde er denken? Ein Gespräch mit Pastor Rainer Hanno

Lifting für Luther - braucht der Reformator eine Verjüngung?
Bei uns auf jeden Fall. Die Büste, die der Hamburger Bildhauer Richard Kuöhl (1880-1961, Red.) geschaffen hat, ist renovierungsbedürftig. Auch die Büste von Melanchthon daneben. Wir werden 2015 unser Portal sanieren. Das war für uns Anlass, unser reformatorisches Erbe zu entdecken.

Warum erst jetzt?
Die Büsten waren selbstverständlich da. Der Zahn der Zeit hat an ihnen genagt. Auch im übertragenen Sinn: Einiges, was Luther geschrieben hat, ist nur aus seiner Zeit heraus zu verstehen. Wir haben im Kirchengemeinderat etwa viel über seine Haltung zum Judentum diskutiert. Das Reformationsjubiläum war einmal mehr Anlass für uns zu schauen, wo und wie wir uns neu „formatieren“ können. So entstand die Idee zu einer Gesprächsreihe, die uns durch das Jahr hindurch begleiten wird.

Was erwartet die Besucher?
Wir haben jeden Monat einen Gesprächsgast, von und mit dem wir lernen möchten: Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs spricht beispielsweise mit dem Grünen-Bürgerschaftsabgeordneten Martin Bill über Stadtentwicklung, die Intendantin des Ernst-Deutsch-Theaters Isabell Vertes-Schütter mit Jugendlichen über Lebenswege. Gemeinsam wollen wir den Reichtum der Reformation entdecken. Sie ist nicht nur ein historisches Ereignis, sondern eine Aufgabe.

Der Luther im Portal der Kirche schaut eher griesgrämig, nicht wie ein Held.
Unsere Kirche wurde 1920 geweiht, der Erste Weltkrieg war noch sehr präsent. Kuöhl hat Luther diesen skeptischen Blick gegeben, den ich sehr mag. Der Reformator war sich am Ende seines Lebens nicht sicher, was aus seinem Lebenswerk werden wird. Es gab viele Konflikte, auch unter seinen Wegbegleitern. Dieses Moment der Selbstreflexion gehört zum Protestantismus dazu.

Was wäre, wenn Luther heute über die „Fuhle“, die Haupteinkaufsstraße in Barmbek, liefe?
Luther war ein Mann der Straße. Er ist nach Rom gepilgert. Er hat dort gesehen, wie es um die Kirche bestellt war und daraus seine Lehren gezogen. Diese „Street-Credibility“ ist auch für uns heute wichtig. Es geht darum, wahrhaftig zu sein. Nicht zu plappern, sondern zu schauen, was jeder braucht. Wo wollen wir uns einmischen? Luther war auch Mystiker. Er hat begriffen, dass sich alles wandelt. In diesem Sinne wollen wir aufeinander hören, voneinander lernen, miteinander gestalten.

Lifting für Luther. Die Gesprächsreihe zum Thema Reformation

Jeden letzten Donnerstag im Monat um 19 Uhr Start: Donnerstag, 30. Oktober

Thema: „Brüche und Umbrüche – die Kirche, Martin Luther und ich“ Dr. Günter Wasserberg, Sprengelbeauftragter „Reformation“ für den Sprengel Hamburg und Lübeck im Gespräch mit Karl Siegmann, Auferstehungskirche Barmbek
Ort: Auferstehungskirche, Tieloh 22, 22307 Hamburg