Staatlicher Vertrag mit Muslimen "Religionsunterricht für alle" neu ausloten

Ob es in der bisherigen Form weiterläuft, wird in Gesprächen zwischen den Evangelischen Kirchen und den muslimischen Verbänden zu klären sein.

 

Der "Religionsunterricht für alle" findet unabhängig von der Religionszugehörigkeit im Klassenverband statt und ist auf Dialog zwischen den verschiedenen Religionen ausgerichtet, sagt Propst Karl-Heinrich Melzer, Mitglied der vorläufigen Kirchenleitung der Nordkirche. Bislang genießt dieses Modell große Akzeptanz bei Schülern und Eltern. "Von 193 ausgewerteten Grundschulen gibt es gerade einmal 48 Abmeldungen in der ganzen Stadt", unterstreicht Melzer. Und auch in den Klassen 5 und 6 seien es nur 1,1% der Kinder, die nicht an dem Unterricht teilnehmen.

 

Mit Abschluss des Staatsvertrages wird eine neue Phase in der Entwicklung des Hamburger Religionsunterrichts eingeleitet. "Ob es gelingen kann, dieses Modell so fort zu entwickeln, dass sowohl Christen als auch Muslime sich darin wiederfinden können, werden die ausführlichen Gespräche zu erweisen haben", erklärte Melzer weiter. Deutlich sei dabei allen Beteiligten: Es dürfe keine „faulen“ Kompromisse geben. Die jeweiligen Religionen müssten – auch in ihrer Unterschiedlichkeit – klar erkennbar bleiben.

 

Denkbar sind derzeit zwei Modelle:

-Evangelische und muslimische Religionslehrer wechseln sich ab und stehen jeweils für eigene religiöse Deutungen ein.

-Ein integratives Modell sieht vor, Lehrerinnen und Lehrer auszubilden (Studium), die auch Auskunft über die jeweils andere Religion geben.

 

Propst Melzer ist kirchlicher Vorsitzender in der gemischten Kommission Schule/Kirche, in der Vertreter der christlichen Kirchen und der Stadt Hamburg das dialogorientierte Modell "Religionsunterricht für alle" verantworten.

 

Islamische Feiertage

Ein Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden hätte außerdem zur Folge, dass bis zu drei islamische Feiertage anerkannt werden. Arbeitnehmer hätten dann das Recht, am Fastenbrechen oder am Opferfest Urlaub zu nehmen, sagte Hamburgs stellvertretender Senatssprecher Jörg Schmoll. Schüler dürften dem Unterricht fern bleiben. Die muslimischen Feiertage wären damit dem Reformationstag, Fronleichnam oder dem Bußtag gleichgestellt.

 

Der neue Vertrag soll die gleiche Struktur haben wie die Staatsverträge, die der Senat mit der evangelischen Kirche, dem Vatikan und der Jüdischen Gemeinde bereits geschlossen hat. Rechtlich problematisch ist, dass es keine gemeinsame Vertretung der Muslime gibt, weil diese nicht als "Körperschaft des öffentlichen Rechts" zusammengeschlossen sind.

 

Verhandlungspartner des Senats sind die drei größten Vereine: Schura (Rat der islamischen Gemeinschaften), DITIB (Türkisch-Islamische Union) und VIKZ (Verband der Islamischen Kulturzentren). Sie vertreten über 90 Prozent der Hamburger Muslime. Vierter Partner ist die alevitische Gemeinschaft.