Diakonieforderungen zu Existenzsicherung So stehen Hamburger Bundestagskandidaten dazu


Am Sonntag, den 26. September, ist Bundestagwahl. Die Diakonie hat im Vorfeld sieben Forderungen an die neue Bundesregierung veröffentlicht. Kirche-hamburg.de hat Hamburger Kandidat*innen von CDU, SPD, Die Grünen, Die Linke, FDP und AfD zu den Forderungen befragt. In sieben Teilen stellen wir hier die Antworten der Parteien vor. Den Anfang macht Forderung Nummer 1: „Das Existenzminimum für alle Menschen transparent und verlässlich sichern!“

Kirche-hamburg.de: Die Diakonie Deutschland sieht einen Neuanfang in der Existenzsicherung als überfällig an. Was lief und läuft derzeit falsch, welche neuen Schritte sind notwendig?

Christoph Ploß, Spitzenkandidat der CDU, Direktkandidat für Hamburg-Nord/Alstertal: „Als CDU leiten wir von unserem christlichen Menschenbild die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft ab. Wirtschaftlicher Wohlstand muss immer auch mit sozialem Fortschritt verbunden sein. Diesen Anspruch setzen wir um: Die Sozialausgaben sind unter den CDU-geführten Bundesregierungen stärker gestiegen als je zuvor, auf inzwischen über ein Drittel unserer Wirtschaftsleistung. Mit der Anhebung des Kinderzuschlags, der Leistungen für Bildung und Teilhabe und der Regelsätze für die Grundsicherung wurde die Existenzsicherung zuletzt deutlich verbessert. Wer eine Beschäftigung aufnimmt, muss davon aber mehr haben als bisher. Die Anrechnung von Einkommen im SGB II wollen wir daher neu ausgestalten.“

Matthias Bartke, Kandidat der SPD (Landeslistenplatz 4), Direktkandidat für Hamburg-Altona: „Die Antwort der SPD auf den Wandel der Arbeitswelt ist ein ‚Recht auf Arbeit‘. Arbeit ist die beste Existenzsicherung. Wir haben hierzu in dieser Wahlperiode mit dem Teilhabechancengesetz den Sozialen Arbeitsmarkt eingeführt. Den wollen wir ausbauen.

Wir wollen die Grundsicherung zu einem Bürgergeld entwickeln. Unser Bürgergeld steht für ein neues Verständnis eines bürgernahen Sozialstaats. Die Kriterien zur Regelsatzermittlung werden wir weiterentwickeln und die Erfahrungen von Betroffenen und Sozialverbänden mit einbeziehen. Außerdem wollen wir eine Kindergrundsicherung, damit Familien aus der Armut geholt werden.“

Katharina Beck, Spitzenkandidatin der Grünen, Direktkandidatin für Hamburg-Nord/Alterstal: „Unser Existenzsicherungssystem, besonders Hartz IV, ist menschenunwürdig organisiert. Fragwürdig ist auch, ob das Existenzminimum durch den Hartz-IV-Regelsatz wirklich gedeckt ist. Die Anzahl der Langzeitarbeitslosen geht trotz Sanktionen nicht zurück. Daher muss sich das System grundlegend ändern. Wir wollen Hartz IV hinter uns lassen und stattdessen eine Garantiesicherung etablieren. Das bedeutet: Wir beenden die Hartz-IV-Sanktionen, stärken die Weiterbildung und Jobvermittlung, heben den Regelsatz an, erleichtern die Zuverdienstmöglichkeiten und ermöglichen bessere Löhne.“

Zaklin Nastic, Spitzenkandidatin der Linken, Direktkandidatin für den Wahlkreis Hamburg-Eimsbüttel: „Ihre Einschätzung (Anm. d. Red.: die der Diakonie) teile ich ausdrücklich. Millionen Menschen sind auf Sozialleistungen angewiesen, viele, obwohl sie arbeiten. Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf, jede:r Siebte über 65 Jahren ist arm! Wir müssen den Niedriglohnsektor abschaffen mit einem armutsfesten Mindestlohn von 13 Euro. Wir fordern, Hartz IV durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung von 1.200 Euro zu ersetzen, ebenso eine solidarische Mindestrente von 1. 200 Euro einzuführen; beides realisierbar konzeptioniert.“

Wieland Schinnenburg, Direktkandidat der FDP für Hamburg-Wandsbek: „Die vielen Sozialleistungen in Deutschland im Bereich der Existenzsicherung sind unübersichtlich, bürokratisch und in vielen Fällen realitätsfern. Als Freie Demokraten setzen wir uns für ein Liberales Bürgergeld ein, das die Sozialleistungen (ALG II, Kosten der Unterkunft, Kinderzuschlag, Wohngeld) zu einer Leistung zusammenfasst. Weiter möchten wir die die bisherigen Zuverdienstregeln so ändern, dass von jedem hinzuverdienten Euro mehr behalten werden darf. Hinzu kommt eine Ausweitung des Schonvermögens und eine Überarbeitung der Sanktionen. Insgesamt möchten wir die Grundsicherung viel stärker auf Integration in den ersten Arbeitsmarkt und auf Weiterbildung ausrichten.“

Bernd Baumann, Spitzenkandidat der AfD, Direktkandidat für Hamburg-Altona: „Hunderttausende EU-Ausländer werden als Regelleistungsberechtigte in der Grundsicherung für Arbeitsuchende geführt. Die AfD fordert, die nationalen Vorschriften zum Leistungsbezug der Grundsicherung für Arbeitsuchende dahingehend abzuändern, dass ein Leistungsanspruch nur für solche EU-Ausländer besteht, die unter Aufnahme einer existenzsichernden Tätigkeit einreisten beziehungsweise ihren gewöhnlichen Aufenthalt begonnen und diese über einen angemessenen Zeitraum ausgeübt haben. Der Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Anschluss an eine existenzsichernde Tätigkeit bzw. über den Bezug von Arbeitslosengeld hinaus soll auf maximal ein Jahr begrenzt werden.“


Forderung der Diakonie im Detail: https://www.diakonie.de/bundestagswahl-2021/verlaessliches-existenzminimum


Lesen Sie morgen die Antworten der Parteien-Vertreter*innen auf die Diakonieforderung Nummer 2: „Bezahlbare Wohnungen für alle schaffen!“