Zeitumstellung Sommerzeit: Sie dreht am Rad

Dank Uhrmacherin Ursel Neuhoff sind die Rellinger bei der Sommerzeit ein paar Stunden voraus

Rellingen -  Wenn an diesem Wochenende die Zeit umgestellt wird, ist die Turmuhr der Kirche von Rellingen ihrer Zeit für ein paar Stunden voraus. Ursel Neuhoff, 66, vom Gemeinderat hat keine Lust, nachts um 2 Uhr aufzustehen. Darum hebt sie schon am Nachmittag vorher jenen Hebel der Turmuhr, der den Minutenzeiger kontrolliert und lässt ihn einmal herumlaufen. "Am wichtigsten ist, dass zum Gottesdienst am Sonntagmorgen alles passt", sagt Neuhoff.

Ursel Neuhoff ist seit zehn Jahren für die Uhr zuständig. Damals wurden Helfer gesucht, und der Gemeinderat fragte sie. Die Wahl lag nahe, denn Neuhoff arbeitet als Uhrmacherin in Rellingen. Seitdem kümmert sie sich gemeinsam mit Kantor Alexander Voss um die Uhr unter dem Dach des Turms.

Zweimal pro Woche muss die Uhr aufgezogen werden. Dann steigt Neuhoff über steile Treppen in der Kirche bis ganz nach oben. Dort hängen drei Eisengewichte, die per Kurbel um vier Meter angehoben werden müssen. "Das ist nicht ganz leicht, man braucht schon etwas Kraft dafür." Doch ein paar Schweißtropfen nimmt sie gern in Kauf: "Das Räderlaufwerk der Uhr ist eine reine Augenweide", sagt sie. Gebaut wurde das Prachtexemplar 1902 von der Firma Weule aus Bockenem im Harz. Sie war noch nie kaputt.

Wenn sie an der Kirche vorbeikommt, schaut sie immer nach oben

Ganz ohne moderne Technik kommt jedoch auch dieses Kleinod nicht aus: In einem kleinen Holzverschlag steht zusätzlich eine Funkuhr. Pro Woche geht die alte Turmuhr nämlich schon mal um ein bis zwei Minuten falsch. Das passiert vor allem bei Temperaturschwankungen, die dem Material zusetzen. Mit einem Blick auf die moderne digitale Anzeige kann Neuhoff den Unterschied korrigieren.

Wenn Uhrmacherin Neuhoff an der Kirche vorbeikommt, schaut sie immer nach oben, um zu prüfen, ob die Zeit stimmt. Das komme ganz automatisch, sagt sie, denn auch die Kirche sei etwas Besonderes. Mit ihrer rundlichen Form gilt sie vielen Experten als "die kleine Ausgabe der Dresdener Frauenkirche". Und Neuhoff erzählt stolz, dass das um 1754 gebaute spätbarocke Gotteshaus zu einem großen Teil aus Holz besteht und "zum Glück noch nie der Blitz eingeschlagen hat".