Täter nie verurteilt Trauerfeier für getötete Kinder der NS-Euthanasie

Insgesamt wurden in Hamburg nachweislich 78 Kinder im Rahmen der "Kinder-Euthanasie" in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn und im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort getötet. Ihre Gehirn-Präparate wurden seinerzeit für wissenschaftliche Zwecke im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) untersucht und dort vor einiger Zeit entdeckt. Fünf Hamburger Kindern konnten die Präparate namentlich zugeordnet werden. Reichsweit wurden unter der Herrschaft der Nationalsozialisten mehr als 5.000 behinderte Kinder umgebracht.

 

Qualvoll erstickt

Der damals zuständige Arzt in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn, Friedrich Knigge (1900-1947), habe behauptet, die Kinder seien ohne Bewusstsein und schmerzlos gestorben, sagte der Psychiater Marc Burlon während der Trauerfeier. Tatsächlich seien sie nach einer Überdosis von Medikamenten und anschließender Lungenentzündung qualvoll erstickt. Burlon hatte die Präparate im Zuge seiner Dissertation entdeckt. Weitere elf Präparate stammten aus Lüneburg, wo sie demnächst bestattet werden sollen.

 

Die getöteten Kinder kamen in der Regel aus armen Familien, so Burlon. Die Eltern seien in den meisten Fällen getäuscht und ihnen die Heilung der Kinder versprochen worden. In vier von 22 Fällen seien die Eltern jedoch möglicherweise mit der Tötung der Kinder einverstanden gewesen.

 

Spätes Schuldbekenntnis

Wissenschaftler hätten in der NS-Zeit direkt von den ermordeten Kindern profitiert, kritisierte Heinz-Peter Schmiedebach, Direktor des UKE-Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin. Einige hätten die Tötungen sogar aktiv gefördert. Die Rolle der Medizin in der NS-Zeit sei vergleichsweise spät aufgearbeitet worden. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin hatte im vorigen Jahr ein öffentliches Schuldbekenntnis zur Euthanasie im Dritten Reich abgegeben.

 

Schüler der Bugenhagen-Schulen der Ev. Stiftung Alsterdorf hatten einen kleinen achteckigen Sarg gebaut. Während der Trauerfeier verlasen sie die Biografie der fünf Kinder Gerda Behrmann, Werner Hammerich, Marianne Harms, Dieter Kullak und Agnes Erna Petersen. Liturgisch gestaltet wurde die Trauerfeier vom evangelischen Propst Horst Gorski und dem katholischen Dompfarrer Georg von Oppenkowski.

 

Noch bis zum 11. November zeigt das UKE eine Ausstellung mit mehr als 30 Bild- und Texttafeln über die Verbrechen von Kinderärzten in der NS-Zeit. Zwei Medienstationen bieten Originalsequenzen eines NS-Propagandafilms und Lesungen aus Briefen von Opfern und Tätern.

 

 

Ausstellung "Im Namen der Kinder"

im Medizinhistorischen Museum Hamburg am UKE

Fritz Schumacher-Haus, Gebäude N 30b

Seiteneingang Frickestraße

Öffnungszeiten:

Mi 15 - 19 Uhr, Sa und So 14 - 18 Uhr