Die Kulturvermittlerin Von nahen fremden Welten

Britta Hemshorn de Sanchez mit einem "Flucht"-Koffer für Seminare mit Schülern

„Krise kreativ“ so lautet einer der Kurse, die Britta Hemshorn de Sanchez für Lehrer, Schüler, Gemeinden und Kita-Teams anbietet. Die Theologin arbeitet als Kulturvermittlerin – und ist gefragt wie nie

Britta Hemshorn de Sanchez, 57, startet ihre Kurse häufig mit einer einfachen Übung: Sie bittet die Teilnehmer, ihre Hände andersherum zu falten als sonst – etwa so, dass nicht der linke, sondern der rechte Daumen oben liegt.

Obwohl es sich nur um eine winzige Bewegung handelt, fühlt sich die Haltung ungewohnt an. Hemshorn-Sanchez: „Das ist ein Anfang: wahrzunehmen, was wir für selbstverständlich halten. Und zu erfahren, dass es ganz anders sein kann." 

Die Theologin arbeitet als Studienleiterin für Globales Lernen und Inklusion am Pädagogisch-Theologischen Institut der Nordkirche (PTI). Sie wird von Gemeinden und Schulen, Kita-Teams, Flüchtlingseinrichtungen und Stadtteilgruppen gebucht, wenn es darum geht, Vorurteile abzubauen und Konflikten vorzubeugen. Sie möchte  Aha-Effekte erzeugen, die auf Dauer den Umgang mit "dem Fremden" verändern. "Manchmal sind es Kleinigkeiten im Miteinander, die andere ausgrenzen“, sagt sie.

Von Heavy-Metal-Fans und Klassik-Liebhabern

In Kursen wie dem „Vielfaltstraining“ oder „Krise kreativ“ vermittelt sie das Bewusstsein, dass Kultur nichts Statisches ist, sondern sich ständig entwickelt. So gehört die italienische Pizza längst zur deutschen Hausmannskost, genau wie der französische Wangenkuss zum guten Ton.

„In jeder Kultur gibt es tausend Welten, die kaum miteinander in Kontakt sind“, sagt sie. Die Lebensverhältnisse der Mutter aus Ottensen haben mit der aus dem benachbarten Altona Nord wenig gemein. Mitglieder eines Tennis-Clubs und eines Fußballvereins unterscheiden sich ebenso stark wie Heavy-Metal-Fans von Klassik-Liebhabern.

Improvisieren hilft

Um der eigenen Grenzen im Kopf gewahr zu werden, leitet die gelernte Tai-Chi-Lehrerin zu Wahrnehmungsübungen an, setzt auf Techniken aus dem Improvisationstheater und auf Spiele. Sie sammelt mit den Teilnehmern Ideen für eine Willkommenskultur in ihrem Umfeld, berät zum Umgang mit traumatisierten Menschen. Und sie weitet den Blick: „Man muss den Kontext betrachten, in dem der Einzelne lebt.“

Es sei zwar menschlich, andere in Schubladen einzusortieren: von „den Flüchtlingen“ ist dann die Rede oder „den Muslimen“. Doch wenn man sich dessen nicht bewusst ist, kann sich die Spirale weiterdrehen: „Das Gefühl der Fremdheit kann sich zu Abwehr wandeln, zu Diskriminierung und Rassismus.“

Leben in Peru

Sie hat selbst erfahren, was es heißt eine „Andere“ zu sein. Seit 29 Jahren ist sie mit einem Peruaner verheiratet. Sie hat einige Jahre in seinem Heimatland gelebt. Während verschiedener Forschungsaufenthalte hat sie in Südafrika Menschen mit traumatischen Erfahrungen begleitet.

Bei ihren Kursen ermutigt sie die Teilnehmer, persönlichen Kontakt zu Geflüchteten zu suchen. Die Kirche habe den Auftrag, Räume dafür zur Verfügung zu stellen, sagt sie. „Wer den Anderen im Blick hat, kann besser mit Konflikten umgehen. Diese Offenheit bereichert das eigene Leben.“