"Game of Thrones" aus dem Blick einer Theologin Westeros, Essos und die Bibel

Barbara Müller ist Professorin für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Uni Hamburg

Die Fantasy-Serie „Game of Thrones“ hat Millionen Fans, auch in Deutschland. Gerade ist die siebte Staffel angelaufen. Warum ist sie ein Thema für ein Theologie-Seminar? Fragen an die Hamburger Kirchenhistorikerin Barbara Müller

 

Frau Professor Müller, mit welchen Augen schaut eine Theologin „Game of Thrones“?

Die Serie repräsentiert mindestens vordergründig ein Stück Mittelalter – und das interessiert mich als Kirchengeschichtlerin. Für das Seminar im vergangenen Semester konnte ich meinen Kollegen, den Historiker Christoph Dartmann, gewinnen – die Grenzen zwischen unseren Disziplinen sind fließend. Wir wollten schauen, welche religiösen Bezüge es gibt, wieviel Mittelalter, auch wieviel mittelalterliche Religiosität wirklich in der Serie – und was nur Klischee ist.

Und sind sie fündig geworden?

Einerseits ja: in der Serie tauchen viele religiöse Fragen auf. Die nach Gerechtigkeit und Erlösung zum Beispiel. Und es gibt auch Szenen, die Parallelen in biblischen Geschichten haben: Wenn die Drachenkönigin Daenerys Sklaven befreit und mit ihnen durch die Wüste zieht, erinnert das an Mose und die Befreiung der Isrealiten. Aber es gibt einen fundamentalen Unterschied. 

Welcher ist das?

Die Figuren in der Serie glauben nicht an ein Jenseits. Das war im Mittelalter anders. Die Menschen glaubten, dass sie sich nach dem Tod vor dem Gericht Gottes verantworten müssen. Dass sie Buße tun müssen, weil sie sonst in die Hölle kommen. „Game of Thrones“ ist ganz auf Diesseits bezogen, die Helden sind starke Persönlichkeiten. Sie glauben an sich, nicht an eine Idee. Sie üben eine Vielzahl religiöser Praktiken aus. Das entspricht unserer Zeit, aber nicht dem Mittelalter. 

Sind Sie auch in den Sog der Serie geraten?

Ich habe mir alle Folgen angeschaut. Die Brutalität darin hat mich teilweise angewidert. Trotzdem habe ich mich gefreut, in der neuen Staffel die alten Bekannten wiederzutreffen. „Game of Thrones“ ist aus meiner Sicht die logische Fortsetzung für die Generation, die mit „Harry Potter“ und „Herr der Ringe“ groß geworden ist. Es ist interessant und gut, die Serie zu kennen. Ich weiß jetzt, dass ich manches zum Einstieg mit einer Szene aus „Game of Thrones“ besser erklären kann als mit einem mittelalterlichen Text. Auf den Text werde ich aber dennoch nicht verzichten.

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Die Serie „Game of Thrones“ läuft seit 2011 bei dem US-Kabelsender HBO. Sie basiert auf der Romanreihe "Das Lied von Eis und Feuer" von George R. R. Martin.