Corona und wir Wie Dankbarkeit uns aus einer Krise heraushilft

Pastorin Jutta Jungnickel und Renate Endrulat von der Kirchengemeinde Eilbek/Friedenskirche-Osterkirche

Was macht die Corona-Krise mit unserer Gesellschaft? In einer Reihe zeigen wir negative Auswirkungen und positive Begleiterscheinungen auf. Es geht um die Lücken, aber auch die Brücken, die die gegenwärtige Situation mit sich bringt. In diesem Teil dreht sich alles um Dankbarkeit. Pastorin Jutta Jungnickel und Renate Endrulat haben für den Gemeindebrief der Kirche Eilbek/Friedenskirche-Osterkirche das Thema Dankbarkeit gewählt. Im Interview erklären sie, warum, und sprechen darüber, ob eine dankbare Haltung in und aus der Krise hilft.

Frau Endrulat, Frau Jungnickel, Sie haben Dankbarkeit zum Thema Ihres aktuellen Gemeindebriefes gemacht. Wieso?
Renate Endrulat: Weil mir aufgefallen ist, dass ich in der Corona-Zeit die kleinen Dinge schätzen lerne. Die Möglichkeit, jemanden zu umarmen und jemandem nahe zu sein, zum Beispiel.

Es kommen viele Gemeindeglieder und Menschen aus dem Stadtteil zu Wort, die ihre Dankbarkeit auf ähnliche Weise äußern. Warum sind wir ausgerechnet jetzt so dankbar?
Jutta Jungnickel: Weil wir auf ein Minimum reduziert sind und nun dankbar sind für das, was wir noch dürfen und machen können. Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind.
Renate Endrulat: Dankbarkeit erzeugt eine positive Grundeinstellung, die äußerst hilfreich ist. Immer, besonders aber in der jetzigen Zeit.

 

Ein optimistischer Blick auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Warum hilft uns Dankbarkeit in der Krise?
Jutta Jungnickel: Sie ist nicht so etwas wie blauäugiger Optimismus. Sie guckt auf etwas, was ist, mit einem positiven statt eines pessimistischen Blickes. Ich denke an eine Frau aus der Gemeinde, über 90 Jahre alt, die immer eine große Fröhlichkeit ausstrahlt und mir sagt: ‚Ich bin so dankbar für das, was ich noch kann.’ An diese Frau denke ich immer wieder, um mich selbst an eine dankbare Haltung zu erinnern.
Renate Endrulat: Dankbarkeit macht zufrieden.

Dankbarkeit hilft uns also auch aus einer Krise heraus?
Jutta Jungnickel: Ja, aus jeder Krise. Es geht im Leben auch tief herunter. Das kann man nicht mit Dankbarkeit übertünchen. Aber sie ist eine grundsätzliche Lebenseinstellung: Kann ich auch die kleinen Dinge sehen? Hat diese Situation vielleicht auch etwas Gutes? Oder sehe ich immer nur das, was fehlt?
Renate Endrulat: Dankbarkeit macht uns das Leben ein bisschen leichter.

 

„Wir knüpfen durch Dankbarkeit an Gott an“

Dankbarkeit ist nach Luther die wesentliche christliche Haltung. Sind Christen besser gewappnet für die Krise?
Jutta Jungnickel: Christen sind ganz normale Menschen und gehen nicht per se dankbarer durchs Leben. Aber wir knüpfen durch Dankbarkeit an Gott an.

Stärkt denn diese aktuelle Dankbarkeit für die kleinen Dinge den Glauben?
Jutta Jungnickel: Ja, Dankbarkeit stärkt auch die Beziehung zu Gott.
Renate Endrulat: Das kann ich nur bestätigen. Durch den Gemeindebrief habe ich mich zum Beispiel intensiv mit dem Thema Dankbarkeit beschäftigt. Da ist auch meine Beziehung zu Gott näher geworden.

Kann man Dankbarkeit lernen?
Renate Endrulat: Ich glaube ja. Indem man sich immer wieder bewusst macht, egal wie mies der Tag gelaufen ist, was es doch an Gutem gegeben hat, oder indem man ein Dankbarkeitstagebuch führt.
Jutta Jungnickel: Ich kenne jemanden, der sich morgens kleine Murmeln in die eine Tasche gesteckt hat und immer, wenn etwas Schönes passiert ist, wanderte eine davon in die andere Tasche. Abends ließ sich der Tag dann schön Revue passieren. Man kann Dankbarkeit lernen, wenn man will.

Danke für das Gespräch!


Zu den Personen:

Jutta Jungnickel ist seit zehn Jahren Pastorin in der Ev.-luth. Kirchengemeinde Eilbek/Friedenskirche-Osterkirche. Renate Endrulat kümmert sich um die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und ist seit 22 Jahren ehrenamtlich in der Gemeinde Eilbek engagiert.