Gedenkgottesdienst Abschied nehmen und verbunden bleiben

Anja Paschen vor einem der Wandteppiche, die an verstorbene Kinder erinnern

Wenn ein Kind vor seinen Eltern stirbt, scheint die Welt still zu stehen. Wohin mit dem Schmerz und der Trauer? Ein Gespräch mit Trauerbegleiterin Anja Paschen vom Verein „Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg“, der am Sonntag zum Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder in den Michel einlädt

Auch ihre Tochter wird in dem Gottesdienst sprechen. Anja Paschen (46) hat den Text schon gehört. Darin stellt sich Luca (17) vor, wie es wäre, eine ältere Schwester zu haben. Wie sie sich als Kinder hätten Zöpfe flechten können, sich gestritten und wieder versöhnt hätten. Anja Paschen ist froh, dass sie den Text schon kennt: „Dann muss ich nicht mehr so viel weinen.“

Vor 18 Jahren hat sie ihre Tochter Sofie kurz vor der Geburt verloren. 13 Monate später kam Luca zur Welt, nach einer Schwangerschaft voller Tränen und Angst. Ihre Tochter habe die Trauer von Anfang an miterlebt, aber auch die Erinnerung an die Schwester, die das Licht der Welt nicht erblickt hatte. „Sofie war immer Teil unseres Lebens“, sagt Anja Paschen.

In den folgenden Jahren bekamen sie und ihr Mann noch zwei weitere Kinder. Sie arbeitete nur noch kurz in ihrem Beruf als Erzieherin, hatte die Kita wechseln müssen: „Die Eltern mit ihren Babys zu sehen, war sehr schwer für mich.“ Einige Jahre blieb sie der Kinder wegen zuhause.

Trauer um "Sternenkinder" steht in diesem Jahr im Mittelpunkt

Vor fünf Jahren ließ sie sich zur Trauerbegleiterin ausbilden. Seitdem leitet sie Gruppen für Eltern, die ein Kind während oder kurz nach der Geburt verloren haben, wie sie selbst. Der Gottesdienst zum Weltgedenktag für verstorbene Kinder im Michel stellt in diesem Jahr die „Sternenkinder“ in den Mittelpunkt. Mitglieder aus der Gruppe, die Anja Paschen leitet, gestalten ihn mit.

Ihr und ihrem Mann hat es damals gut getan, sich mit anderen Betroffenen in einer Gruppe bei den Verwaisten Eltern Hamburg auszutauschen. Paare, einzelne Mütter und Väter kommen dort zweimal im Monat zusammen. Sie sitzen um eine Mitte, in der Kerzen und Namensschilder an jedes ihrer Kinder erinnern.

Mit manchen Fragen aus ihrer Umgebung haben alle zu kämpfen. Zum Beispiel der, wie es denn dem Baby gehe? Wie darauf reagieren? Schwierig seien auch das erste Weihnachtsfest oder der erste Urlaub. Viele Eltern hätten das Gefühl, dass sie ihr verstorbenes Kind allein lassen würden, wenn sie verreisten. „Manchen hilft es, Freunde zu bitten, nach der Kerze auf dem Grab zu schauen“, sagt Anja Paschen.

Der Austausch in der Gruppe gibt Halt 

Einige Eltern fänden erst Jahre nach dem Tod eines Kindes zu einer Gruppe der Verwaisten Eltern. Rund 20 davon bietet der Verein an, mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Sie laufen in der Regel zwischen eineinalb bis drei Jahren. „Eltern von Sternenkindern haben andere Themen, als Väter und Mütter, die über Jahrzehnte mit ihrem Kind gelebt haben“, sagt Anja Paschen. Und auch Geschwister trauern anders. Wer möchte, kann im Laufe der Zeit ein Stoffquadrat gestalten, das an den Sohn oder die Tochter erinnert.

Seit der Gründung des Vereins vor 25 Jahren sind auf diese Weise fünf Wandbehänge entstanden, voller Namen, voller persönlicher Erinnerungen. Sie werden bei dem Gottesdienst zu sehen sein. Als ein Zeichen dafür, dass die Kinder ein Leben lang verbunden bleiben mit denen, die sie lieben.

Weltgedenkgottesdienst für verstorbene Kinder
Zeit: Sonntag, 13. Dezember, 18 Uhr
Ort: Hauptkirche St. Michaelis, Englische Planke
Eingeladen sind verwaiste Eltern, trauernde Geschwister und Freunde der Verstorbenen sowie alle Menschen, die der verstorbenen Kinder gedenken möchten. Die Predigt hält Hauptpastor Alexander Röder. Ab 17.30 Uhr können Erinnerungskerzen am Lichterbaum entzündet werden.