Opfer bezahlen mit Lebensangst Bischof bittet Ahrensburger Missbrauchsopfer um Vergebung

Bischöfin Kirsten Fehrs, die bereits mit zwölf Betroffenen Ahrensburgern gesprochen hat, die sexuelle Gewalt in den 70er und 80er Jahren durch den Ahrensburger Pastor Dieter K. erfahren haben, erinnerte an den Vertrauensverlust, der aus den Gewalttaten herrührt: "Eine Vertrauensverlorenheit, die die Opfer von sexualisierter Gewalt ein Leben lang bezahlen mit Lebensangst, Angst vor Fallstricken und Liebesnähe."

 

Wut - die heraus muss

Aus den Gesprächen habe die Bischöfin erfahren, welche Sehnsucht es nach Ruhe gebe, aber auch die "ohnmächtige Wut", die heraus müsse. Auch wenn sie als Bischöfin zu der Institution gehöre, die "den Täter ungewollt geschützt habe und so schwerfällig aufklärt" - so sehe sie doch wie sich etliche Betroffene von Therapie zu Therapie versuchten heraus zu arbeiten aus dem, was sie festhält in der Angst, sagte Fehrs. Sie stehe daher "mit Hochachtung und mit großer Zuneigung" vor den Betroffenen.

 

In der Dialog-Predigt der beiden Bischöfe ging es am Palmsonntag um den Einzug Jesu nach Jerusalem, der nach wenigen Tagen in einem Verrat gipfelte, in dem sich alles umdreht. Erfahrungen, die die betroffenen Kinder und Jugendlichen in Ahrensburg auch machen mussten, denen so lange niemand glaubte oder glauben wollte.

 

Streit auf allen Ebenen

Die Bischöfin wünscht sich "etwas Erlösendes für den Streit, der seit Jahren hin- und herwogt" in Ahrensburg. Es sei ein Streit in der Gemeinde zwischen denen, die Partei ergreifen. Aber auch der Streit mit der Kirche - ausgetragen über die Medien, vor Gericht und auf Kanzeln. Sie hoffe, dass in diesem Streit alle Beteiligten aufeinander zu gehen können - im Gespräch und in weiteren Begegnungen.

 

Grenzen der Hilfe

Bischof Ulrich kommt in seinem Teil der Predigt zu dem Schluss, dass er nie genug tun könnte, um das Leiden der Opfer zu beseitigen. "Ich werde nie genug tun können, dass sie den Schaden nicht mehr fühlen, der sie so belastet.", sagte er. Es gebe "kein Genug an Entschuldigung angesichts des Zuviel an Verletzung". Es gebe "keine Genugtuung, die jemand anders geben könne als der Täter."

 

Dem Gottesdienst schloss sich eine 90-minütige Fragerunde an - in der Kirche. Die meisten Besucher bleiben. Die Kirchenleitung antwortet auf Fragen aus der Gemeinde. Einzelne Gemeindemitglieder machen sich schwere Vorwürfe: Wer wusste damals von dem systematischen Missbrauch der Kinder durch den Pastor und wer angeblich nicht. Eltern von Opfern sprechen, Pastoren im Ruhestand und Kirchenvorstände. Verletzende Worte, die die tiefe Spaltung durch die Gemeinde spiegeln. Bischöfin Fehrs sieht in dieser Spaltung, dass das Vertrauensverhältnis in der Tiefe erschüttert sei und dies könne man nur zusammen wieder aufbauen und mit Unterstützung und Hilfe von Außen.

 

Anselm Kohn, der Sprecher der Initiative "Missbrauch in Ahrensburg e.V." befürwortet einen weiteren Dialog. "Wir wollten keine Schuldzuweisungen", sagte er in der Kirche. Seine Initiative hoffe, dass Ahrensburg ein gutes Beispiel für die Kirche werde, wie künftig mit Missbrauchsfällen umgegangen werden könnte.