Fastenaktion 2020 "Brauche ich das – oder nicht?"

Weniger ist mehr – bewusstes Verzichten in der Fastenzeit

Fasten gehört für Stefanie Pfeuffer zum Leben dazu. Die Küsterin und Hausmeisterin der St. Martinus Kirchengemeinde in Eppendorf will damit immer wieder alte Gewohnheiten – und sich selbst – in Frage stellen. Dabei hat sie gelernt, dass bewusster Verzicht auch der Seele guttut.

Als Pfeuffer vor 20 Jahren mit Fasten anfing, ging es ihr hauptsächlich um den Körper. Sie wollte ihn reinigen und den Stoffwechsel runterfahren. Inzwischen hat sie das Fasten auf mehrere Lebensbereiche ausgeweitet. Der Umwelt zuliebe reduziert sie beispielsweise ihren Fleisch-, Kleider- und Plastikkonsum drastisch und verzichtet seit mehreren Jahren komplett auf Flugreisen. So ist aus dem anfänglichen Klimafasten eine anhaltende Lebenseinstellung geworden. „Wenn man sich eine Zeit lang ganz intensiv mit etwas beschäftigt, übernimmt man das auch leichter in seinen normalen Ablauf“, berichtet sie.

Es muss nicht die Lieblingsschokolade sein

Wenn Pfeuffer fastet, stehen bei ihr zwei Fragen im Mittelpunkt: „Brauche ich das oder nicht?“ und „Tut mir das wirklich gut?“ Dabei geht es ihr um einen maßvollen Umgang mit Ressourcen und ganzheitliches Wohlbefinden. „Man muss nicht jeden Tag Torte essen“, sagt sie. „Aber vielleicht tut ein kompletter Verzicht auf meine Lieblingsschokolade meiner Seele auch nicht gut.“ Bis Ostern macht Pfeuffer nun Intervallfasten – die erste Mahlzeit des Tages nimmt sie erst um 18 Uhr ein.

Und wenn sich tagsüber der Hunger meldet? Pfeuffer versucht das Gefühl positiv zu bewerten. Dann setzt sie sich gern mal in ihrer Kirche in Bank Sieben, unterbricht die Arbeit kurz und hält inne. Nicht der Mangel steht im Fokus, sondern die Vorfreude auf das, was kommt. „Wenn ich am Abend eine frisch zubereitete Mahlzeit zu mir nehme, ist das einfach unvorstellbar köstlich – dann bin ich wirklich glücklich!“  

Eine Fastengruppe trägt

Pfeuffer versucht immer so zu fasten, dass es sich in ihren normalen Lebensalltag integrieren lässt. Menschen ohne Fastenerfahrung empfiehlt sie, es erst einmal mit einer Fastengruppe auszuprobieren. „Das hilft, den inneren Schweinehund zu überwinden“, meint sie. Und wer längere Zeit dem Essen entsagt, sollte vorsichtig wieder damit anfangen und den eigenen Hunger nicht überschätzen.

Angesichts der aktuellen Lage verzichten gerade viele Menschen auf gewohnte Dinge wie beispielsweise Reisen, was zu einem Absinken der CO2-Emissionen führt. Pfeuffer hofft, dass viele in der Gesellschaft auch positive Erfahrungen mit dieser aufgezwungenen Entschleunigung machen und sich freiwillig für ein klimafreundlicheres Verhalten entscheiden. Es könnte zumindest eine Chance dieser Krise sein.