Barcamp Nordkirche Dahin, wo die Menschen sind

Fotografieren und dann über Facebook oder Twitter teilen - das gehört zum Barcamp dazu

Mein erstes Barcamp liegt hinter mir. Heute war ich ganz als Gemeindepastor unterwegs. Nun lasse ich mich von meinem Auto nach Hause rollen. Gleich das „Burns Supper“ des heimischen Kulturvereins – meine Gemeindeglieder. Was erzähle ich denen von meinem heutigen Tag?

Und natürlich fragt mich der erste gleich, was denn bitte ein Barcamp sei, Zelten sei bei so einem Wetter nicht seine Sache. Mitleidiges Lachen. Die, die hier sind, gehören die zur Zielgruppe meiner digitalen Überlegungen? Nein, jedenfalls noch nicht. Auch wenn sie alle ein Smartphone in der Jacken- oder Handtasche haben. Oder doch?

Sie haben Kinder, viele auch Enkelkinder. Ja, WhatsApp, das kennen sie. Da schicken die Enkel vom anderen Ende der Welt Photos von ihrem Austauschjahr. Facebook? Einige gehören zur regionalen Facebook-Gruppe, aber eher lesend, einmal in der Woche vielleicht. Twitter – macht das nicht immer dieser Trump? Alexa kennen sie aus der Werbung – aber dann? Instagram, Jodel, Snapchat, … Fremdwörter. Die Jüngeren im Dorf kennen allerdings das meiste davon, aber die sitzen nicht beim Burns Supper.

Aufbruch, Impulse, erste Schritte

Es war mein erstes Barcamp. In der Luft lag etwas von Aufbruch, von Neuland für viele, von Begeisterung – aber auch von Notwendigkeit. Die Menschen erreichen dort, wo sie sind oder wo sie bald sein werden. An die 100 % der jungen Leute zwischen 14 und 40 Jahren verfügen über ein Smartphone. 72/% der gesamten Bevölkerung nutzen täglich das Internet. Da werden wir uns als Kirchengemeinde nicht wirklich raushalten können (bzw. dürfen).

Los geht’s mit den Sessions

Ok, wir haben eine Website. Aber das, so wurde gleich im ersten Workshop bei Ingo (netzpolitik.org) deutlich, reicht nicht. Viele Menschen sind woanders, grade die jüngeren, kommunizieren über WhatsApp oder informieren sich über Facebook. Auch wenn der kirchliche Datenschutz beides ablehnt – wollen wir bleiben, wo niemand ist?

Und schon saß ich in der nächsten Session: Messenger-Bots. Das sind vorprogrammierte Kommunikationsabläufe, die man über Facebook (z.B.) als Push-Nachricht auf das Smartphone erhält, wenn man sich anmeldet, erklärt Theologiestudentin Friederike. Fragen an die Konfirmanden im Gottesdienst, Liedtexte zur rechten Zeit auf dem Handy, Kirchenführungen, kurze geistliche Impulse – wäre das ein Medium, um auch Menschen zu begegnen, die nicht sonntags im Gottesdienst sitzen?

Sofort danach ein weiteres spannendes Thema. Mal sehen, was Vikarin Swantje über digitale Trauerkultur berichtet. Für mich als Pastor und obersten Verwalter eines Friedhofs absolut spannend. Ein QR-Code über den man mehr über den Verstorbenen erfährt; Gedenkseiten auf Facebook, eine Kondolenzseite auf einer Trauernetz-Website. Und: was wollen wir eigentlich von uns im Netz haben, wenn wir nicht mehr leben? Spannend zu sehen, dass gerade die jüngeren TeilnehmerInnen da sehr gut vorbereitet scheinen.

Tja, und wie überzeuge ich meinen Kirchengemeinderat davon, sich auch als Kirchengemeinde auf den Weg in die sozialen Medien zu machen. Thomas berichtet von der Entscheidung des Kirchengemeinderats im Sommer. Seitdem darf er offiziell die Facebookseite seiner Kirchengemeinde St. Petri und Pauli Bergedorf betreuen.

Es wird auch in meiner Gemeinde Thema werden.

Auch wir müssen uns auf den Weg machen, da hilft gar nichts.

  • Die Facebook-Seite gibt‘s ja schon, Leben braucht sie noch, vielleicht ja erstmal nur mit einem wöchentlichen Bibelvers. Oder mit einer kurzen Predigtvorschau am Sonnabend.
  • Wage ich mich beim nächsten Open Air Gottesdienst am Pfingsttag daran, einen Bot zu programmieren, um darüber die persönlichen Gebetsanliegen zu sammeln?
  • Bei den nächsten Trauerfällen frage ich auf jeden Fall die Bestatter, ob die Angehörigen eine Trauerseite ins Internet stellen.
  • Ein digitaler Kirchenführer über QR-Codes wäre eigentlich ziemlich simpel.
  • Ach ja, und ein Youtube-Film über unsere Kirche, klar.
  • Und ein Instawalk im Sommer, …

Ja, es wird Thema werden in meiner Gemeinde. Mitstreiter werde ich suchen. Und vor allem mache ich mich mal auf die Suche nach meinen 14-40-jährigen, schaue, wo die grad sind, und ob es irgendeine Möglichkeit gibt, dass sie auch dort ihrer Kirche begegnen. "Hopespeach" kann jeder in seinem Alltag gebrauchen. Und wer weiß, vielleicht sehe ich sie nächste Weihnachten dann face to face unter meiner Kanzel.

Aber nicht nur dann hätte es sich gelohnt.