Abschiebegewahrsam Diakonie: "Bedenkliches Symbol"

Geflüchtete warten künftig im Niemandsland auf die Abschiebung – hier ein Symbolbild

Hamburg – Die Diakonie Hamburg hat den sogenannten Ausreisegewahrsam am Flughafen kritisiert. Das stark gesicherte Gebäude sei vor allem ein "sehr teures und verfassungsrechtlich bedenkliches Symbol".

Hamburg gebe 1,5 Millionen Euro jährlich „für 20 Menschen aus, die nichts verbrochen haben“, kritisierte Gabi Brasch vom Diakonie-Vorstand. „Das Geld könnte deutlich sinnvoller für den Flüchtlingsschutz, die Integration oder auch die Förderung der freiwilligen Rückkehr ausgegeben werden."

In dem Gebäude können 20 abgelehnte Asylbewerber, die Hamburg nicht freiwillig verlassen wollen, längstes vier Tage bis zu ihrem Abflug untergebracht werden. Praktische Auswirkungen werde der Ausreisegewahrsam kaum haben, so Brasch: „Die Abschiebungszahlen in Hamburg haben sich auch ohne den Gewahrsam binnen eines Jahres nahezu vervierfacht.“

Das zweistöckige Gebäude ist aus Containern zusammengesetzt. Fünf Plätze der 20 Plätze sind für Schleswig-Holstein vorgesehen. Die Einrichtung wird vermutlich ab dieser Woche belegt. Im Unterschied zu einer Abschiebehaft würden die Besucher nicht in den Zimmern eingeschlossen, sagte Innen-Staatsrat Bernd Krösser am Freitag bei der Präsentation.

Kritik auch von der Flüchtlingspastorin der Nordkirche

Das Gelände selbst ist mit hohen Zäunen gesichert. Es liegt zwischen Start- und Landebahn und einer Sportanlage. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es nur mühsam zu erreichen. Rechtlich möglich wurde das Abschiebezentrum durch das im vergangenen Jahr verschärfte Aufenthaltsgesetz. Notwendig für die Einweisung ist eine richterliche Anordnung.

Bereits bei der Bekanntgabe im Januar 2016 hatten Kirche und Diakonie das geplante Zentrum scharf kritisiert. Auch wenn von einem Ausreisegewahrsam die Rede sei, hieße das im Klartext "Abschiebung und Abschiebehaft", sagte Dietlind Jochims, Flüchtlingspastorin der Nordkirche.  Nächtliche Abschiebungen seinen genauso wenig humanitär vertretbar wie die Inhaftierung von Menschen, die keine Straftat begangen haben.

  • Die 14 Quadratmeter großen Zimmer sind jeweils mit WC und Waschbecken ausgestattet, aufgeteilt in Männer- und Frauentrakt. Familien können gemeinsam in Räumen mit Verbindungstür im Frauentrakt untergebracht werden, sagte Projektleiterin Barbara Lange vom Einwohnerzentralamt. Jeder Raum hat einen Fernseher und WLAN. Es gibt auch Aufenthaltsräume und einen Spielplatz.

    Raucherräume stehen auch nach 22 Uhr zur Verfügung. Allerdings sind Streichhölzer und Feuerzeuge in dem Gewahrsam verboten, damit niemand sich oder die Einrichtung anzünden kann. Dafür gibt es für Raucher extra einen Glimm-Automaten, der wie ein Zigarettenanzünder im Auto funktioniert. "Wir wissen, dass die Situation sehr angespannt sein kann", sagte Projektleiterin Lange vom Einwohnerzentralamt, das mit zwölf Mitarbeitern rund um die Uhr vor Ort sein wird.

  • Die Mitarbeiter seien geschult, um mögliche Suizidgefahr zu erkennen, so Innen-Staatsrat Krösser. Sie sollen nicht im Büro sitzen, sondern sich ständig vor den Zimmern aufhalten. Für den Fall, dass ein Besucher randaliert, steht ein "sicherer Raum" zur Verfügung. Dort gibt es keine frei stehenden Möbel und Griffe am Fenster, die Wände wurden verstärkt und eine Luke in der Tür ermöglicht ständige Einsicht. "Der Raum ist aber nur zur kurzfristigen Unterbringung gedacht, falls es Streit gibt und einer erst mal runterkommen muss", sagte Lange.

  • Grundlage ist das im Februar beschlossene verschärfte Asylgesetz. Das sieht in Paragraf 62b vor, dass die Bundesländer Abschiebungseinrichtungen schaffen können. Dort können Personen bis zu vier Tage ohne vorherigen richterlichen Beschluss oder ein Verfahren festgehalten und anschließend abgeschoben werden. Auch auf die Ankündigung von Abschiebungsterminen kann verzichtet werden.