Neuer Nikolai-Hauptpastor "Die Menschen warten nicht auf die Kirche"

Freut sich, dass es jetzt endlich losgeht: Der neue Hauptpastor und Propst Dr. Martin Vetter

Endlich angekommen! Martin Vetter, 52, ist neuer Hauptpastor an St. Nikolai und Propst im Kirchenkreis Hamburg-Ost. Lesen Sie, wo er die größten Baustellen sieht und was Segler vom Wind lernen

In den vergangenen neun Jahren hat er Pastorinnen und Pastoren fortgebildet und sie begleitet. Jetzt leitet er das erste Mal in seinem Leben selber eine Gemeinde und zugleich die Propstei Alster-West. Dort ist er zuständig für 39 Pastorinnen und Pastoren.

Als Rektor des Pastoralkollegs in Ratzeburg sei er permanent mit Fragen von Gemeinde und Gottesdienst beschäftigt gewesen, erzählt Vetter: „Mich hat gereizt, es selbst zu tun und zu schauen, ob sich die guten Ideen bewähren.“

Einführungsgottesdienst
Zeit: Sonntag, 11. September, 15 Uhr
Ort: Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern

Das Interview zu sieben Stichworten

  • Ich bin in einem Pfarrhaus aufgewachsen. Sicher haben meine Eltern an Martin Luther gedacht, als sie mir diesen Namen gaben. Aber auch an Bischof Martin von Tours, der für seine Fürsorglichkeit verehrt wird. Der heilige Martin war in meiner Kindheit sehr präsent, denn ich bin im katholisch geprägten Rheinland groß geworden. Und schaut man auf die lateinische Wurzel meines Namens, findet man „Mars“ darin, den Kriegsgott. Ich bin aber nicht so ein polemisierender Typ (lacht).

  • Das heißt für mich: Ich bin nicht allein unterwegs, mir nicht selbst Richtschnur. Für meine neue Aufgabe bedeutet es etwa, in der Spur zu gehen, die mein Vorgänger Johann Hinrich Claussen gelegt hat. Er hatte nach der Fusion der Kirchenkreise als erster das Doppelamt als Hauptpastor und Propst inne. Ich stehe in seiner Tradition, aber nicht in seinem Windschatten. Wie er werde ich mich dafür einsetzen, dass unsere Kirche öffentlich im Gespräch bleibt. Auch die Verbindung zum Mahnmal St. Nikolai und die Erinnerungsarbeit sind mir wie viele andere Schwerpunkte wichtig, die ich weiter gestalten werde.

  • St. Nikolai ist eine reiche Gemeinde. Und sie hat ein soziales Herz. Das zeigt unter anderem das Engagement für Geflüchtete im Heim an der Sophienterrasse. Beeindruckt bin ich auch von der lebendigen Jugendarbeit. Familie spielt hier eine große Rolle. Mich erwartet im Gottesdienst ein anspruchsvolles Publikum. Aber das fordert mich eher heraus, als dass es mich ängstigt. Und noch etwas: Es ist sehr schön, durch die Straßen zu laufen. Die Häuser sind beeindruckend. Aber die Mietpreise auch! Ich freue mich, dass die Alsterwiesen für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Die städtische Entwicklung sollte dahin gehen, auch in Vierteln wie Harvestehude niemanden auszuschließen.

  • In unserer Familie ist jeder reihum mit Kochen dran. Unser jüngster Sohn ist darin sehr bewandert. Er wohnt mit 15 noch zuhause, die beiden älteren Kinder sind schon ausgezogen. Die Gespräche beim Essen sind ein verbindendes Element im Familienleben. Wir tauschen aus, was tagsüber los war. Wir bemühen uns, Smartphone und Ipad weg zu lassen. Mit meiner Frau (der Theologie-Professorin Christine Gerber, Red.) spreche ich am Tisch auch über theologische Fragen.

  • Als Propst werde ich wie mein Vorgänger auch mit den Gebäuden im Kirchenkreis beschäftigt sein. Wie gehen wir mit den Bauten um, die wir nicht erhalten können? Da gibt es kein Patentrezept. Wichtig ist das Zutrauen in die Kompetenz der Menschen vor Ort. Ein weiterer Punkt ist die Nachwuchsförderung. Wir werden in absehbarer Zeit in der Nordkirche mehr Stellen als Pastoren haben. Ihre Arbeit verändert sich. Und dann liegt mir eine zeitgemäße Kommunikation am Herzen. Die Menschen sehen sich immer stärker selbst als Experten des Glaubens. Sie warten nicht auf die Kirche. Es ist wichtig, eine Sprache zu finden, die sie erreicht. Das bedeutet auch, noch stärker soziale Medien zu nutzen.

  • Damit verbinde ich vor allem gelassen und auch mal ausgelassen zu sein. Karneval zu feiern gehörte bei uns dazu, vor allem als ich noch Studienleiter an der Evangelischen Stadtakademie in Düsseldorf war. Auch in einem Leitungsamt ist es manchmal hilfreich, sich nicht zu sehr in etwas zu verbohren.

  • Das habe ich gelernt, als ich 2007 nach Ratzeburg kam. Es macht großen Spaß, das Element zu wechseln. Vom Wasser sieht alles ganz anders aus. Der Wind spielt nicht immer so mit, wie man es geplant hat. Man muss versuchen, anders zum Ziel zu kommen. Beim Segeln kann man viel über Führen und Leiten lernen. Auf der Alster zu segeln? Davor habe ich Respekt. Weil die Winde es in sich haben sollen und weil sie an schönen Tagen sehr belebt ist. Ich glaube, ich steige erstmal aufs Kanu um (lacht).

  • Bevor er im April in sein neues Amt gewählt wurde, leitete Martin Vetter neun Jahre das Pastoralkolleg Ratzeburg. Dort werden Pastorinnen und Pastoren der Nordkirche fortgebildet. Er war Mitglied der Landessynode und Vorsitzender der Theologischen Kammer der Nordkirche. Vetter studierte in Wuppertal, Tübingen und München. Der gebürtige Rheinländer ist verheiratet mit der Hamburger Theologie-Professorin Christine Gerber und hat drei Kinder im Alter zwischen 15 und 22 Jahren.