Miriam Gillis-Carlebach am Altonaer Bahnhof Erinnerung an erste Judendeportation in Altona

Trotz Regen und Oktoberkälte waren rund 50 Altonaer zu dem Gedenkstein auf dem Paul-Nevermann-Platz gekommen. Sie gedachten der ersten Deportation jüdischer Menschen aus Altona am 28. Oktober 1938. Die aus Israel in die heiematstadt Altona angereiste promovierte Pädagogin Dr. Gillis-Carlebach erinnerte an die liberale Tradition der Stadt Altona: „Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wurden hier jüdische Menschen aufgenommen. Altona hielt seine Tore auch dann offen, als in anderen Staaten wie Polen Verfolgungen gegen Juden stattfanden.“ Bis am 28. Oktober völlig unvorbereitet morgens in der Oktoberkälte jüdische Frauen, Kinder und Männer in Altona zusammengetrieben und im Zug an die polnische Grenze evakuiert wurden – die meisten von ihnen in den späteren sicheren Tod.

 

„Es war die Generalprobe für die kommenden Deportationen“, sagte Andreas Grutzeck, Vorsitzender der Bezirksversammlung Altona. Kein Widerstand der Bevölkerung habe dem Unrecht Einhalt geboten. Grutzeck weiter: „Solange auch heute wieder Neofaschisten unter uns leben, ist unser Widerstand gegen die nationalsozialistische Ideologie notwendig.“ Grutzeck betonte die wichtige Funktion der Kirchen: „Die Kirche kann verschiedene Parteien an die gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie erinnern.“

 

Propst Thomas Drope vom Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, dem Veranstalter der jährlichen Gedenkveranstaltung, ergänzte: „Durch Erinnerungsarbeit können wir für die Zukunft lernen. Wir können Spuren jüdischer Geschichte in unserer Stadt erforschen und in friedlicher Gemeinschaft mit jüdischen Bürgern entschieden gegen rechtsradikale Bestrebungen auftreten.“ Ein Beitrag hierzu sei die Tradition der jährlichen Kundgebung vor dem Altonaer Bahnhof, ganz im Sinne der Erklärung der Kirchenkreissynode Altona aus dem Jahr 2002. Der Propst zitierte aus dem christlichen Manifest: „Wir stehen bis heute in der Verantwortung für die Vernichtung der jüdischen Gemeinde. Hierfür können wir keine Versöhnung erwarten und keine Wiedergutmachung leisten. Uns als Nachgeborenen bleibt der Respekt vor den Toten. Die einst bedeutende jüdische Gemeinde Altonas fehlt uns heute.“

 

Cornelia Strauß

 

Foto (Strauß) von links: Karsten Glinski, Saxophon; Propst Thomas Drope; Pastor Ulrich Hentschel, Kirchenkreis-Beauftragter für den jüdisch-christlichen Dialog; Enkelin der Gastrednerin mit Prof. Dr. Miriam Gillis-Carlebach; Johann-Hinrich Möller, Aktion Stolpersteine Hamburg.