Stellungnahme Ermittlungen gegen Erzieher wegen sexuellen Missbrauchs

Der Erzieher arbeitete von Anfang März 2011 bis Ende Januar 2013, also knapp zwei Jahre, in Schnelsen und seit Anfang Februar 2013 in Glashütte/Norderstedt. Der bei der Staatsanwaltschaft Kiel angezeigte Übergriff ereignete sich im privaten Bereich, betraf jedoch ein Kind aus der Kita in Schnelsen. Die bei der Staatsanwaltschaft Hamburg angezeigten Übergriffe beziehen sich, soweit das Kitawerk Niendorf-Norderstedt informiert ist, auf Handlungen des Erziehers an seinem Arbeitsplatz in Schnelsen. Die Polizei ermittelt zurzeit und hat die Vernehmungen noch nicht abgeschlossen.

 

Propst Thomas Drope, der für die Kitaarbeit im Ev.-Luth. Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein zuständig ist, sagt: „Wir sind immer noch zutiefst erschrocken von dem, was wir gehört haben. Wir haben im Februar umgehend das Arbeitsverhältnis beendet. Unsere Fürsorge und Unterstützung gilt in diesen Tagen vor allem den betroffenen Familien. Wir bieten seelsorgerliche Begleitung an und vermitteln externe Gesprächspartner.“

 

Vor seiner Arbeit in der Kita in Schnelsen hat der Erzieher in einer Kita in Stove im Landkreis Harburg gearbeitet. Dass es auch dort Verdachtsmomente gegen den Erzieher gab, erfuhr das Kitawerk Niendorf-Norderstedt erst, nachdem die Hamburger Presse am 6. März über den Fall in Schnelsen berichtet hatte. Diese Informationen gab das Kitawerk an die Eltern der Kitas in Schnelsen und Glashütte in einem Elternbrief vom 19. März weiter. Darin heißt es: „Ein ehemaliger Arbeitgeber von (...) hat sich bei uns gemeldet und erklärt, dass es wohl dort Verdachtsmomente gegeben hätte. Die polizeilichen Ermittlungen hätten dies damals aber nicht bestätigen können. Das Verfahren wurde eingestellt und es gab deshalb keinen Eintrag im erweiterten Führungszeugnis von (...). Erweiterte Führungszeugnisse müssen von allen Mitarbeitenden in Kitas vor ihrer Einstellung vorgelegt werden. Aus dem vom ehemaligen Arbeitgeber ausgestellten Zeugnis war ebenfalls ein Risiko nicht ersichtlich. Wir haben die Kriminalpolizei entsprechend informiert.“

 

Die Rechtsprechung in Deutschland untersagt, dass es etwaige „schwarze Listen“ gibt, in denen Verdachtsmomente weitergegeben werden. Nach geltendem Arbeitsrecht muss ein Arbeitgeber dann, wenn es keine Verurteilung gibt, ein „förderliches“ Zeugnis schreiben. Wenn die Polizei über einen Verdacht informiert wird, muss sie ermitteln, egal ob jemand als Person Anzeige gestellt hat oder nicht. Wenn dann nicht genügend Anhaltspunkte für eine Anklage und Verurteilung gegeben sind, darf das nicht in die Personalakte einfließen und erscheint auch nicht im erweiterten Führungszeugnis.

 

In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Kirche nicht von anderen Arbeitgebern. Darüber hinaus war auch ein informeller Informationsfluss nicht möglich, da die Kita in Stove zum Kirchenkreis Winsen und zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, die beiden Kitas in Hamburg und Norderstedt jedoch zum Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein und zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland gehören – es handelte sich also um zwei völlig getrennte Arbeitgeber.

 

Kinder vor Grenzverletzungen, Übergriffen und sexueller Gewalt zu schützen, ist Ziel eines umfassenden Schutzkonzepts, in das alle Kitas des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein einbezogen sind. Zu den präventiven Maßnahmen gehören neben der gesetzlich vorgeschriebenen Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses regelmäßige Fortbildungen aller Mitarbeitenden, um sie für das Thema zu sensibilisieren. So hatte eine Erzieherkonferenz des Kitawerks Niendorf-Norderstedt am 13. Februar 2013 das Thema „Sexuelle Entwicklung der Kinder“ in Abgrenzung zu Verhalten, das auf Grenzverletzungen hindeutet. Hierzu war eine externe Beraterin von Zündfunke e.V. als Referentin eingeladen. Das Kitawerk Niendorf-Norderstedt hat im Jahr 2012 maßgeblich an der „Handreichung zum Umgang mit Grenzverletzungen durch Mitarbeitende in Kindertageseinrichtungen“ des Verbands Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein e.V. mitgewirkt.

 

Uwe Büth, Leiter des Kitawerks Niendorf-Norderstedt sagt dazu: „Neben unseren Maßnahmen auf dem Gebiet der Prävention ist kompetentes und rasches Handeln erforderlich, wenn es trotz aller Schutzmaßnahmen doch zu grenzverletzendem Verhalten kommt. Wir tun alles, um die Vorkommnisse aufzuklären und arbeiten eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen. Eventuell betroffene Kinder und ihre Familien werden durch uns unterstützt. Dabei haben wir externe Beratungsstellen mit eingebunden, bei denen Eltern sich beraten lassen können.“

 

Zum Kitawerk Niendorf-Norderstedt gehören 22 evangelische Kitas in Nordwesten von Hamburg und im südlichen Schleswig-Holstein; hier betreuen rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund 1.700 Kinder. In der Kita in Schnelsen werden rund 80, in der Kita in Norderstedt rund 100 Kinder betreut.

 

Zeitleiste:

 

April 2011 bis Januar 2013 - Arbeit des Erziehers in Schnelsen

 

1. bis 27. Februar 2013 - Arbeit des Erziehers in Norderstedt

 

27. Februar 2013 - Bekanntwerden des Vorfalls und Beendigung des Arbeitsverhältnisses

 

1. März - Erster Elternbrief an die Eltern beider Kitas

 

6. März - Elternabend in der Kita Schnelsen (mit Propst Thomas Drope, Uwe Büth, Geschäftsführer des Kitawerks Niendorf-Norderstedt, Kita Fachberater Bernd Stiebler, Christine Okeke von Zündfunke e.V., Dr. Dragana Seifert vom Institut für Rechtsmedizin/UKE, Pastor Lutz Bruhn, Renate Fleischer, Kitaleiterin und den ErzieherInnen)

 

7. März - Elternabend in der Kita Norderstedt (mit Propst Thomas Drope, Uwe Büth, Geschäftsführer des Kitawerks Niendorf-Norderstedt, Christine Okeke von Zündfunke, Pastorin Christina Henke-Weber, Leif Seifert, Kitaleiter und den ErzieherInnen)

 

19. März - Zweiter Elternbrief an die Eltern beider Kitas

 

27. März - Elternabend in der Kita Schnelsen (mit Propst Thomas Drope, Uwe Büth, Geschäftsführer des Kitawerks Niendorf-Norderstedt, Christine Okeke von Zündfunke e.V., Pastor Lutz Bruhn, Renate Fleischer, Kitaleiterin und den ErzieherInnen)

 

10. April - Gruppenelternabend in der Kita Schnelsen (mit Renate Fleischer, Kitaleiterin, den ErzieherInnen und einer Kinder- und Jugendtherapeutin).