Vor 20 Jahren: Maria war die erste Bischöfin in der Evangelischen Kirche

Mit der Wahl war die letzte Männerdomäne in der evangelischen Kirche gefallen. Doch selbst heute noch sind Frauen in Bischofsämtern an einer Hand abzuzählen: Derzeit gehören nur Ilse Junkermann (Mitteldeutschland), Anette Kurschus (Westfalen), Rosemarie Wenner (evangelisch-methodistische Kirche) und die späte Jepsen-Nachfolgerin Kirsten Fehrs (Hamburg und Lübeck) zur Führungsregie des deutschen Protestantismus.

 

Dass die erste Bischöfin ausgerechnet Maria hieß, liege "entweder am Humor oder dem Gerechtigkeitssinn Gottes", schrieb die Frankfurter Theologin Bärbel Wartenberg-Potter damals. Acht Jahre später schaffte sie es selbst auf einen nordelbischen Bischofsstuhl in Lübeck (2001-2008). In Hannover residierte Margot Käßmann an der Spitze ihrer Landeskirche von 1999 bis zu ihrer Alkoholfahrt im Februar 2010.

 

Rücktritt vor 2 Jahren

Die mit Abstand längste Amtszeit absolvierte dagegen Maria Jepsen in Hamburg. 18 Jahre lang war sie Chefin in der Bischofskanzlei. Bei der Wiederwahl für eine zweite Amtszeit erhielt sie im April 2002 sogar 20 Stimmen mehr als anfangs, als sie in Michel-Hauptpastor Helge Adolphsen noch einen renommierten und allseits geschätzten Gegenkandidaten hatte. Im Juli 2010 allerdings warf sie unter tragischen Umständen das Handtuch und erklärte wegen der Missbrauchsfälle in Ahrensburg (bei Hamburg) ihren Rücktritt.

 

Maria Jepsen pflegte die Kultur des Gesprächs und der Basisnähe. Ihren Gegnern im kirchenkonservativen Lager trat sie ebenso resolut entgegen wie jenen, die in ihr vor allem die "Quotenfrau" und die feministische Theologin sahen. Wichtiger als die Frage nach Mann oder Frau sei es, kirchliche Meinungen und Positionen überhaupt in die Öffentlichkeit zu bringen, sagte sie. Nur so werde Kirche weiterhin gehört und um Rat gefragt. Geschlechterprobleme gehörten "geschwisterlich gelöst".

 

Hilfe für Aidskranke, Hospize und Obdachlose

Zentrale Themen ihrer Amtszeit waren der ökumenische und interreligiöse Dialog. Und die meisten Besuche quer durch die Stadt galten Menschen in sozialen oder diakonischen Einrichtungen: Aidshilfe, Hospize, Kitas, Krankenhäuser, Obdachlosenunterkünfte. "Kirche muss Stimme der Stummen sein" - diese Devise führte sie fast zwangsläufig auch zu den Randgruppen der Gesellschaft.

 

Umso getroffener war sie dann, als ihr im Zuge der Berichterstattung über sexuelle Übergriffe in den Medien Untätigkeit und fehlende Glaubwürdigkeit vorgeworfen wurde. "So konnte ich die frohe Botschaft des Evangeliums nicht mehr weitersagen", begründete sie ihren Rücktritt vor fast zwei Jahren. Vergeblich hatte Bischof Gerhard Ulrich versucht, sie umzustimmen - die Vorwürfe seien "haltlos" gewesen, sagte er mehrfach. Doch Maria Jepsen wollte "ein Zeichen setzen", nicht zuletzt "für die über Jahre traumatisierten Opfer".

 

Ihren Abschied vom Bischofsamt verband die damals schon 65-Jährige mit ihrem Wegzug aus Hamburg. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Peter wohnt sie seit Herbst 2010 in einem rothölzernen Schwedenhaus am Stadtrand von Husum. Im westlichen Schleswig-Holstein war sie von 1972 bis 1990 auch Gemeindepastorin, bevor sie 1991 als erste Frau in Nordelbien Pröpstin in Hamburg-Harburg wurde.

 

"Wie Kinder fromm und fröhlich sein" beschrieb sie gern ihr Lebensmotto. Dazu gehört auch, dass sie noch immer jeden Morgen eine Bibelstelle im griechischen und hebräischen Original liest. Die meisten evangelischen Pastoren hätten heute zu viel mit Kirchenstrukturen zu tun, sagte sie vor wenigen Tagen bei einem Vortrag in Düsseldorf. Für die Qualität einer Predigt sei aber die intensive Beschäftigung mit der Bibel unerlässlich.