"Die ganze Welt ist voll von Sachen" Schatzkammer für Kitas - Das kreative Recycling-Zentrum "Remida"

"Viele Materialien sind für den Container oder die Müllhalde viel zu schade", sagt Günsch. Bei "Remida" bekommen alle Dinge "ihre zweite Seele". Hier gibt es keine Spielsachen, sondern Sachen zum Spielen, getreu dem Motto von Pippi Langstrumpf: "Die ganze Welt ist voll von Sachen, und es ist wirklich nötig, dass jemand sie findet."


Die Idee stammt aus Reggio Emilia in Italien, seit den 60er Jahren die Stadt mit der "innovativsten Kleinkinderpädagogik", sagt die studierte Sozialpädagogin Günsch. 1996 wurde "Remida" dort als Projekt für Umwelt, Recycling und Nachhaltigkeit von der Kommune Reggio gegründet – in Kooperation mit einem regionalen Ver- und Entsorgungsunternehmen. Die italienischen Kitas der Region beziehen von "Remida" einen Großteil ihrer Materialien – und sind auf diese Weise beispielhaft ins gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Leben der Stadt eingebunden.


Der Name "Remida" erinnert an den sagenhaften griechischen König "Midas", dem alles, was er anfasste, zu Gold wurde. "Re" steht für Reggio/Emilia, zugleich aber auch für Recycling. "Es ist Aufgabe frühkindlicher Bildung, Kinder mit echten Alltagsmaterialien zusammen zu bringen, anstatt sie nur mit Spielzeug zu beschäftigen", sagt Günsch. Auch in Deutschland würden immer mehr Lernwerkstätten entstehen, die sich aber ihr Material oft mühsam suchen müssen und dafür viel Zeit und Geld aufwenden.


Der deutsche Ableger von "Remida" in Hamburg-Altona hat dagegen ein klares Konzept. Mittlerweile wird mit etwa 40 Unternehmen kooperiert, die ihre Produktionsreste unentgeltlich zur Verfügung stellen. Die Firma Beiersdorf zum Beispiel liefert Deckel, Tuben, Verschlüsse, Gläser und Sprühköpfe. Aus kleineren Betrieben kommen Schaumstoffreste, Folienstreifen, Plexiglasscheiben, Stanzbleche, Lederschnüre, Gummipfropfen oder Gardinenhaken.


50 bis 60 Hamburger Kitas haben den Service von "Remida" bereits entdeckt und versorgen sich regelmäßig mit Material. Sie wurden Mitglied in dem "Verein Remida", für einen Beitrag von jährlich etwa drei Euro pro Kind. Dafür können sie sich kostenlos aus dem gesamten Vorrat der Schatzkammer bedienen – so oft sie wollen.


"Es könnten gerne mehr sein", sagt Günsch. Aber es sei immer ein schwieriges Unterfangen, eine gute Idee publik zu machen. Das gelte auch für viele potenzielle Zulieferer-Betriebe, die natürlich bestehende Verträge mit Entsorgungsunternehmen hätten. "Viele wissen gar nicht, wie schön ihr vermeintlicher Abfall ist – und was man alles daraus machen kann." Ein einzelner Drehverschluss von einer Tube sei möglicherweise Müll: "Aber aus ein paar tausend solcher Plastikkappen lassen sich die schönsten Mosaike legen."


Klaus Merhof (epd) / mk (www.kirche-hamburg.de)