Streichung der Ein-Euro-Jobs Sozialbetrieb "Samt + Seife" in Steilshoop muss schließen

Die weiße Halskrause - auch "Wagenrad" oder "Duttenkragen" genannt - war noch bis vor 100 Jahren die Amtstracht von Professoren, Bürgermeistern und Senatoren. Gehalten hat sich die Tradition jedoch nur bei den Pastoren der Hansestädte wie Hamburg, Lübeck, Wismar und Stralsund sowie in Skandinavien. So trägt auch die Bischöfin von Grönland eine Halskrause.

 

Zu wenig Umsatz für Selbstständigkeit

Bis 1989 war eine Hamburger Schneidermeisterin für die steifen Halskrausen zuständig, ehe "Samt + Seife" die Aufgabe übernahm. 39 Euro zahlt ein Pastor oder eine Bischöfin für die Bearbeitung einer Halskrause. Insgesamt ergibt sich ein Jahresumsatz von rund 8.000 Euro - zu wenig, als dass Fasila Haiderzada als Selbstständige davon leben könnte.

 

Für ihre ehrenamtliche Aufgabe bekommt sie von "Samt + Seife" allerdings eine Aufwandsentschädigung. Die Aussichten auf einen festen Job sind für die dreifache Mutter trübe. Seit 24 Jahren lebt sie in Deutschland und hat schon viele Praktika und Fördermaßnahmen durchlaufen - bislang ohne Erfolg. Dabei ist sie derzeit die einzige "Tollerin" in Hamburg.

 

Chorgewänder und Altarschmuck

Insgesamt über 70 Frauen und Männer haben noch vor einem Jahr in der Sozialfirma in der Großsiedlung Steilshoop gearbeitet. Betriebsleiterin Heidrun Lüdtke hat mit den Jahren ein ausgeklügeltes System der sozialen Hilfe für Steilshoop aufgebaut. Staatliche Zuschüsse wurden mit eigenen Gewinnen gebündelt, um vor allem Müttern mit ausländischen Wurzeln eine Perspektive zu eröffnen. So wurden Chorgewänder und Altarschmuck für Kirchengemeinden sowie Polster für Kindertagesstätten genäht. Der Gardinen-Service für alte Menschen wurde mit einem Besuchsdienst gekoppelt, und das Material für die Designer-Taschen kam von Werbebannern und Autowerkstätten.

 

Doch nach den Kürzungen der Bundesregierung hat auch die Hamburger Sozialbehörde den Rotstift angesetzt und im Sommer die Zahl der Ein-Euro-Jobs in der Stadt von 6.000 auf 3.900 verringert. Zum Jahresende muss "Samt + Seife" schließen. 27 Frauen und drei Männer sind noch bis Ende Dezember tätig. Die Räume sind bereits von einer anderen sozialen Einrichtung gemietet. Bis März 2012 hat Heidrun Lüdtke noch Zeit für den Abschluss. Die Bestände der Sozialfirma werden am 21. Dezember von 13 bis 18 Uhr zum Verkauf angeboten.

 

Nachfolgeprojekt Näh-Café

Warum "Samt + Seife" bei der Vergabe der verbliebenen Arbeitsmaßnahmen nicht berücksichtigt wurde, können die Beteiligten nicht nachvollziehen. Die Kirche habe die Einrichtung immer unterstützt, sagt Heidrun Lüdtke. Ohne ihre Hilfe werde es keine Folgeprojekte geben. Geplant ist jetzt, dass mit den Nähmaschinen von "Samt + Seife" in Steilshoop ein "Näh-Café" gegründet wird. Unter der Leitung einer Sozialpädagogin können die Frauen dann für sich selbst Kleidung nähen oder ausbessern. Auch Fasila Haiderzada kann das "Näh-Café" dann für ihre ehrenamtliche Arbeiten nutzen.