Silbernes Diensjubiläum Täglich bläst der Michel-Türmer

Silbernes Jubiläum: Sie spielen nach 25 Jahren erstmals gemeinsam – Josef Thöne (li.) und Horst Huhn

Hamburg – Wer am Michel wohnt oder in der Nähe zu unterwegs ist, genießt den Moment um innezuhalten: Vom Turm des Michel erklingt morgens und abends ein Choral in alle vier Himmelsrichtungen.

Seit 25 Jahren wechseln sich Horst Huhn, 61, und Josef Thöne, 57, als Michel-Türmer ab. Gemeinsam haben sie am Dienstag ihr silbernes Dienstjubiläum gefeiert.

Die Trompeter blasen werktags um 10 Uhr und um 21 Uhr sowie sonntags um 12 Uhr auf dem "Türmerboden", der im siebten Stock des Turms liegt. Sie spielen jeweils eine Strophe aus einem der vier Fenster, beginnend in Richtung Osten.

Jeden Tag ist ein anderer Choral zu hören. Meist sind es evangelische Kirchenlieder aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Sie kennen sich seit Studienzeiten

Horst Huhn ist im Schatten der Hauptkirche aufgewachsen und hat im Knaben- und im Jugendchor gesungen. Horst Thöne wohnte als Student in der Neustadt, zusammen haben sie Musik studiert. Als die Stelle 1992 frei wurde, beschlossen beide, das Amt gemeinsam zu übernehmen.

Ihre Dienstpläne müssen sie exakt aufeinander abstimmen. Für Notfälle stehen Aushilfen bereit. Horst Huhn ist freiberuflicher Musiklehrer und als Konzert-Trompeter auf Tournee im In- und Ausland gewesen. Josef Thöne ist Lehrer an der Jugendmusikschule und leitet seit 22 Jahren den Posaunenchor der St. Michaelis-Gemeinde.

Nur einmal fiel der Choral aus 

Nur ein einziges Mal ist der Choral ausgefallen, erinnert sich Horst Huhn. Da ist er auf dem Weg zur Kirche vom Fahrrad gestürzt und hatte sich die Hand gebrochen. Als in den 90er Jahren der "Türmerboden" saniert werden musste, haben sie auf der Aussichtsplattform gespielt.

Einmal habe er einen Choral abbrechen müssen, sagt Josef Thöne, weil bei eisiger Kälte die Trompete eingefroren war. Kälte sei normalerweise nicht schlimm, nur Sturm mache einem Bläser zu schaffen. Thöne: "Man muss dann kräftig gegenhalten."

Brauch seit mehr als 300 Jahren

Zu ihrem Dienstbeginn haben beide Türmer einmal gemeinsam gespielt. Nach 25 Jahren haben sie dies am Jubiläumstag erstmals wiederholt. Der Choral für diesen Tag: "Oh, dass ich tausend Zungen hätte".

Der Brauch wurde bereits während der Reformation in Hamburg eingeführt und wird im Michel seit mehr als 300 Jahren praktiziert. Bis zum Jahr 1861 war der Trompeten-Choral das Zeichen für die Öffnung und Schließung der Stadttore.