Pastorin Annette Reimers-Avenarius Warum Pfingsten für die Vielfalt der Kirche steht

Hat ihr Büro im Ökumenischen Forum in der Hafencity: Annette Reimers-Avenarius

Pfingsten steht auch für die Vielfalt der Kirche. Warum? Das erklärt Annette Reimers-Avenarius. Die Pastorin ist Ökumenebeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland und eschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Hamburg. 

Pfingsten ist das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes, das 50 Tage nach Ostern gefeiert wird. Seit dem 4. Jh. wird es als eigenständiges Fest gefeiert. Das Wort Pfingsten stammt vom griech. Pentekoste, das sinngemäß mit „ am 50. Tage“ übersetzt wird.

Die Apostelgeschichte (Apg 2, 1-14) berichtet, dass sich die Jünger 50 Tage nachdem Jesus auferstanden war, in einem Haus versammeln. Sie sind ängstlich, traurig und wissen nicht, wie es weitergehen soll. Jesus ist nicht mehr bei ihnen, sondern ist zu seinem Vater Gott aufgefahren (Himmelfahrt). Sie empfangen die Gabe des Heiligen Geistes und erleben diese Kraft im Brausen des Windes und in Feuerzungen. Sie werden durch diese Geistkraft Gottes getröstet, ermutigt und begeistert. Sie trauen sich, anderen von Gott und Jesu Auferstehung zu erzählen. Und andere Menschen verstanden, was sie erzählen, auch diejenigen, die andere Sprachen redeten. Die Zuhörer sind verunsichert und fragen sich, ob die Jünger betrunken sind? Petrus hält eine mitreißende, „begeisternde“ Predigt und stellt klar, dass das, was alle gerade erleben, die Wirkung des Heiligen Geistes ist. Ein Wirken, was der Prophet Joel (3, 1-5) bereits im Alten Testament angekündigt hat. Petrus verkündigt das Leben, Sterben und die Auferstehung Jesu.

Eine Taufe mit 3000 Menschen

Dieses Ereignis blieb nicht ohne Folgen: 3000 Menschen ließen sich taufen. Eine christliche Gemeinde, eine Gemeinschaft der Glaubenden entstand und somit der Beginn der Kirche. Pfingsten ist das Gründungs- und Geburtstagsfest der Kirche.

Daher beziehen sich alle verschiedenen Kirchen und christlichen Gemeinschaften auf dieses Pfingstfest und feiern gern ökumenisch: gemeinsam, konfessionsverbindend, weltweit. Sie tun dies auch, um die Sehnsucht auszudrücken, dass Christen und Christinnen über alle Grenzen hinweg zur einen Kirche Jesu Christi gehören.

Vielerorts ist es üblich, dass Pfingstgottesdienste im Freien gefeiert werden: Auf Plätzen mit Brunnen, im Wald, auf Lichtungen. Es ist Mai und die Verbindung zum Naturjahr bietet sich an. Häufig wird auch draußen getauft.

Heiliger Geist

Im Alten Testament ist es das hebräische Wort „ruach“ und im Neuen Testament das griechische Wort „pneuma“, das wir im Deutschen mit dem Wort „Geist“ wiedergeben. Beide bedeuten „Wind“ und „Hauch“ und meinen je nach Kontext Lebenskraft, Tröster-Geist, Gottes-Feuer...

Im ersten Schöpfungsbericht schwebt Gottes Geist über dem Tohuwabohu, dem Chaos. Im zweiten Schöpfungsbericht ist nachzulesen, wie Gott dem Menschen den Geist, den Lebensodem einhaucht und ihm damit Lebenskraft gibt. Der Geist Gottes ist von Anfang an da, ist die Kraft, die ins Dasein ruft. In Bildern wird in der Bibel von Gottes Geist erzählt: Er ist wie ein Wind, ein Sturm, ein sanftes Säuseln. Er ist die Kraft, die Menschen einander verstehen lässt, gibt Mut und Lebenskraft. Und: Dieser Geist weht, wo er will. Wir können über ihn nicht verfügen. Im Propheten Joel wird verheißen, dass Gottes Geist einmal über alle Menschen ausgegossen wird (s.o.), was Petrus in seiner Pfingstpredigt zitiert und im Pfingstereignis erfüllt sieht. Bei der Taufe Jesu kommt der Heilige Geist als Taube auf Jesus herab (Mk 1, 9-11/Mt 13, 13-17). In Joh 14, 23-27 wird von dem Heiligen Geist als Tröster (griech. Paraklet) geredet.

In der Tradition unserer Kirche ist es der Geist Gottes, der uns die Worte der Bibel verstehen lässt. Im Glaubensbekenntnis ist der Heilige Geist die dritte Weise, in der sich Gott uns Menschen erschließt.

Symbol des Heiligen Geistes sind die Elemente Wasser, Feuer und Wind. Und die Taube.

Zur Person: Annette Reimers-Avenarius ist Pastorin, Ökumenebeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK)  in Hamburg und Mitglied der Arbeitsstelle Ökumene- Menschenrechte und Flucht- Friedensbildung.