Erzbischof Heße: Homosexuelle Beziehungen akzeptieren

Stefan Heße ist der jüngste Erzbischof Deutschlands

Köln/Hamburg - Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat sich für eine liberalere Sexualmoral seiner Kirche sowie die Lockerung des kirchlichen Arbeitsrechts ausgesprochen. Die katholische Kirche könne sich "den Realitäten des Lebens nicht mehr verschließen", sagte der 48-jährige Theologe dem "Kölner Stadt-Anzeiger" in der Wochenendausgabe.

"Wir müssen auf die Vielfalt der Lebensformen schauen, die nun einmal da sind." Dazu gehörten auch gleichgeschlechtliche Paare. Zwar sei er zurückhaltend im Blick auf die Segnung von Homo-Ehen. "Aber wenn diese Menschen unsere Nähe suchen, sind wir als Kirche für sie da. Was denn sonst?"

Die Kirche müsse es wertschätzen, wenn in homosexuellen Beziehungen Werte wie Treue und Verlässlichkeit gelebt würden, sagte Heße. Für Geschiedene wünscht sich der frühere Verwaltungschef der Erzbistums Köln "lebbare Formen für die kirchliche Anerkennung und Begleitung, wenn diese Menschen neue Beziehungen eingehen".

Kirche "mitten in der Welt"

Heße bezog klar Stellung für das neue katholische Arbeitsrecht mit seiner Öffnung für geschiedene Wiederverheiratete und homosexuelle Beschäftigte. "Anders könnten wir gar nicht weitermachen, weil wir sonst zu wenig qualifizierte Mitarbeiter bekämen, um unsere Einrichtungen zu betreiben", sagte der seit März amtierende Erzbischof. Die katholischen Bischöfe hatten im Mai mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen, das kirchliche Arbeitsrecht zu lockern.

Für Heße geht es dabei auch um die Frage, in welchem Maß sich die katholische Kirche für die Gesellschaft öffnet. Eine Kirche, die ihren Platz mitten in der Welt habe, müsse "nahe am Leben der Menschen sein und möglichst viele mitzunehmen versuchen", sagte der gebürtige Kölner. "Oder wollen wir sozusagen eine 'Kirche der Reinen' ohne existenzielle Schwierigkeiten und Brüche? Das wäre dann eine kleine, sehr kleine Schar, die nur wenige Berührungspunkte mit ihrer Umgebung hätte."