Kunsthaus am Schüberg Was für Bienen und die Seele

"jetzt" – dieses Wort empfängt Besucher bei ihrer Ankunft

Jetzt ist die beste Zeit, um Neues zu entdecken. Wir waren an den Rändern der beiden Hamburger Kirchenkreise für Sie unterwegs – und haben geschaut, wo es sich gut leben lässt. Der erste Teil unserer Sommerreihe führt zum Kunsthaus am Schüberg nach Ammersbek

Auf in den Nordosten Hamburgs. Mit der U1 mache ich mich auf den Weg nach Hoisbüttel. Von dort sind es noch zehn Minuten per Rad zum Kunsthaus am Schüberg. Ich biege von  der Landstraße ab, in ein Wohngebiet. Rosen wachsen über Gartenzäune, Schmetterlinge flattern durch die Luft.

Nach wenigen Meter links die Einfahrt zum Kunsthaus. Unverkennbar. Hinter dem Parkplatz das erste Statement. Rote Lettern ragen aus dem Gras: „jetzt“ lese ich. Darum geht es also. Den Moment. Gegenwart erleben. Könnte ein Ziel sein für diesen Tag.

In Clogs und Arbeitsjeans wartet Axel Richter, 57, unter einer alten Rotbuche auf mich. Er ist Bildhauer, Initiator und Seele des Kunsthauses, das zum Tagungszentrums des Kirchenkreises Hamburg-Ost gehört.

Das über 40.000 Quadratmeter große Gelände hat er zu einem Gesamtkunstwerk gestaltet. „Visuelle Nahrung“ soll es spenden, inspirieren und Lebensort sein. "Was fürs Auge, die Biene, die Kunst und die Seele" sein, sagt er. Und: „Das Gelände spricht.“

Er führt mich hinter das Haus. Am Waldrand auf leichter Anhöhe sucht eine Gruppe estnischer Kunststudenten den besten Platz für ihre Installation. Was ihnen die Natur an diesem Ort wohl sagt? So viel ist schon klar: „Paradies“ soll ihr Gemeinschaftswerk heißen, eine Woche arbeiten und leben sie zusammen in Zelten.

In die Mitte der Wiese hat Richter ein Rondell ins hohe Gras gemäht. Hier lässt sich Ende September erstmals ein Paar trauen – zwischen Senfkraut und Kornblumen, die Nektar für 15 Bienenvölker spenden.

Für Richter sind Kunsthaus und Gelände ein Lebensprojekt. Er mäht, bahnt Wege und gestaltet Gärten. Die Landschaft wird zum Panorama. Und zur Kulisse für Kunst, die Sehgewohnheiten bricht: ein überdimensionaler Schildkrötenpanzer, der sich an einen Hauseingang lehnt. Die Skulptur "green revolution/schwebende Archive" von Roger Rigorth – Körbe auf riesigen Stelzen. Ein Friedhof für literarische Gestalten von Uwe Schloen.

In den Sommermonaten zeigt die Galerie im Kreuzgang weitere Werke. Wer hier arbeiten und ausstellen darf, entscheidet eine hochkarätig besetzte Jury.

Viele Jahre war die Existenz des Hauses am Schüberg gefährdet. Doch mit der Fusion 2009 entschied sich der neue Kirchenkreis Hamburg-Ost weiter zu investieren – denn: Kunst ist auch Verkündigung.

Davon zeugt die neue Kapelle im Innenhof des Kreuzgangs, ein schlichtes Dach aus Holz, das bis auf den Boden gezogen ist. Nur geschmückt vom Licht, das in einem rechteckig gebündelten Strahl durch ein Fenster fällt.

Die Menschen kommen, für einen Tag oder zu Seminaren: Axel Richter begleitet junge Feuerwehrleute, die über das Thema Schöpfung nachdenken. Pastoren aus Niedersachsen, die ihren Ideen Formen aus Stein geben.

Für ihn sei die Arbeit „ein Rausch“, sagt der Pastorensohn aus der Wesermarsch. Ende 1990 kam er hier an, "gestrandet" mit seinem Bauwagen. Für zehn Jahre erhielt er Stellrecht, arbeitete als Bildhauer und in einer Bronzegießerei, duschte im Haus und ließ sich von der Natur drumherum in den Bann ziehen. 2000 wurde das Kunsthaus gegründet.

Den Bauwagen nutzt er inzwischen als Büro. Mit seiner Familie lebt er in einem Reihenhaus in der Nähe. Trotzdem ist er von morgens bis Abends auf dem Gelände – begeistert, inspiriert und offen für das, was entstehen will: „Ich bin da und lass’ es passieren“, sagt er.

Eine ziemlich gute Haltung, nicht nur für den Urlaub. Ich nehme mir einen der grünen Liegestühle, die neben der Eingangstür hängen. Setze mich an den Teich im Park unterhalb des Hauses. Ich lausche und schaue. Wasser plätschert, Libellenflügel schillern, Malven wiegen sich im Wind. Dieses Jetzt könnte ewig dauern.

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So kommen Sie hin

Der Skulpturenpark ist das ganze Jahr über rund um die Uhr geöffnet, die Galerie vom Mai bis September täglich von 10 bis 18 Uhr. Kaffeebar mit Selfservice, Kunstführungen nach Absprache. Wer übernachten möchte, kann das in einem von 41 Zimmern.

Hier geht's zum Kontakt – und so kommen Sie hin. Empfehlenswert ist es, das Rad mit in die U-Bahn zu nehmen. Wer mag fährt anschließend noch eineinhalb Kilometer und erfrischt sich im  Bredenbeker Teich.