Psychische Belastung durch Corona Zwischen Ängsten und Resilienz

Jugendliche und Kinder haben sich durch die Corona-Krise deutlich seelisch belastet gefühlt, geht aus einer Studie hervor.

Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat sich während der Corona-Pandemie verschlechtert, besonders bei sozial schwächeren Familien. Das geht aus einer Studie vom Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) hervor. Wie haben Mitarbeitende der evangelischen Jugendhilfe und die von ihnen betreuten Familien die Krise erlebt?

Betroffen von der vermehrten psychischen Belastung seien vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien, sagte die Kinder- und Jugendpsychiaterin Ulrike Ravens-Sieberer, Professorin am UKE und Leiterin der Studie. Forschende der klinikeigenen Abteilung „Childs Public Health“ befragten dafür zwischen dem 26. Mai und 10. Juni über 1.000 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren und mehr als 1.500 Eltern per Online-Fragebogen.

 

Mangelnder Kontakt zu Anderen als besonders belastend

Laut der UKE- Studie fühlen sich 71 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen seelisch belastet. Vor Corona war dies nur bei einem Drittel der Kinder und Jugendlichen der Fall gewesen. Bei jedem zweiten Kind habe das Verhältnis zu seinen Freunden durch den mangelnden Kontakt gelitten.

Diese Beobachtung machte auch Petra Rohlfshagen. Sie betreut bei der ambulanten evangelischen Jugendhilfe in Hamburg drei Familien. Zu Beginn der Krise hat sie zusammen mit Kollegen versucht, die Kontaktsperre durch Telefongespräche, Nachrichten und Email aufzufangen. Später unternahm sie zusammen mit ihren Klienten Spaziergänge.

Zur evangelischen Jugendhilfe zählt auch die Betreuung von jungen Erwachsenen, zum Teil in trägereigenen Wohngruppen. Besonders der fehlende Kontakt zu anderen und die Ungewissheit zum Verlauf der Pandemie habe die Jugendlichen belastet. Bei den Familien kamen auch vermehrt finanzielle Sorgen hinzu. „Das alles hat zu einer Grundanspannung geführt, die bis heute noch da ist“, sagt Rohlfshagen.

 

Geldsorgen als Zusatzfaktor

Finanzielle Belastungen seien bei Familien vor allem durch den Wegfall des Mittagessens in der Kita und die zusätzlichen Kosten für zum Beispiel Windeln entstanden. Hier gab es jedoch auch Hilfen in Form der Initiative „Mittagsrakete“, die ein kostenloses Mittagessen an bedürftige Familien auslieferte, oder Lebensmittelgutscheine aus einer Spendenaktion des Hamburger Abendblattes.

Dass die Kitas nun wieder geöffnet haben, habe auf jeden Fall wieder Konfliktpotenzial herausgenommen. „Auch im Hinblick auf die beengte Wohnverhältnisse vieler Familien, die wir betreuen“, sagt Rohlfshagen. Hier hatten jedoch schon einige Klienten bereits die Notbetreuung in Anspruch nehmen können.

 

Auch positive Aspekte durch die Ausnahmesituation

Anja Müller-Dominik arbeitet ebenfalls bei der ambulanten Jugendhilfe. Sie findet, dass ein Thema im Diskurs rund um Corona und Familien in prekären Verhältnissen zu kurz komme: Die Resilienz. „Viele Klienten haben in vielen Bereichen gute resiliente Fähigkeiten entwickelt und konnten sich deshalb auch an die Herausforderung dieser Krise gut anpassen“, sagt sie.

Diesen Eindruck bestätigt auch Katrin Haider-Lorentz vom Rauhen Haus. „Wir hatten sogar den Eindruck, dass die Krise besonders die Wohngruppen eher zusammengeschweißt hat“, sagt sie. Auch die Familien die das Rauhe Haus ambulant betreue, seien gut durch die Krise gekommen. „Auch weil sie eben diese Unterstützung von uns haben“, sagt sie.

Für die Mitarbeitenden sei die Krise zwar auch eine Herausforderung gewesen, allerdings auch mit positiven Auswirkungen. Zum Beispiel hätten Mitarbeitende unter anderem festgestellt, dass Gespräche bei Spaziergängen viel flüssiger und anders verlaufen können als wenn man sich gegenübersitzt. „Die Krise hat so Impulse gegeben, auf wie vielfältige Weise man Kontakt zu den Familien halten kann.“