Originaltöne

"Jedes Kind in Stellingen soll einmal auf unserer Orgel gespielt haben."

Kantor und Organist Hans-Christoph Ebert

 

Die Kinder stürmen in die Kirche. „Stopp!“ ruft Margit Lemke, ihre Lehrerin, „alle setzen sich jetzt in die ersten beiden Bankreihen und hören erst einmal zu!“ Die Kinder gehorchen. Nach ein paar Minuten ist es erstaunlich ruhig in der Stellinger Kirche. Kirchenmusiker Hans-Christoph Ebert begrüßt die Kinder und ihre Lehrerin: „Herzlich willkommen zum zweiten Teil eurer Kirchentour. Altar, Kreuz, Kerzen, Bibel, Taufbecken, Kanzel und Lesepult habt ihr bereits kennengelernt. Heute bleiben wir nicht unten im Kirchraum, sondern gehen auf die Empore, den großen Balkon in unserer Kirche. Und schon drängeln 25 Kinder die schmale Treppe hinauf. „Boah“, ruft Lukas, „das ist aber ein großes Teil hier oben!“

Hans-Christoph Ebert nickt: „Und das ist noch nicht einmal alles, was ihr hier oben sehen könnt. Hinter diesen Wänden geht es noch weiter.“ „Können wir das auch sehen?“ rufen Sophie und Selena. „Später“, antwortet Hans-Christoph Ebert. „Lasst uns mit unserer Kirchentour erst einmal hier vor der Orgel beginnen.“ Alle Kinder versammeln sich hinter der Orgelbank. „Was seht ihr jetzt?“ fragt Hans-Christoph Ebert und öffnet den Deckel über der Tastatur. „Ein Klavier“, ruft Jonas. „Nein, das sind zwei Klaviere“, stellt Hanna fest. „Darf ich einmal darauf spielen?“

„Gerne“, ermuntert Hans-Christoph Ebert. Und Hanna setzt sich sofort auf die Orgelbank. Sie drückt die Tasten, aber kein Ton erklingt. „Die Orgel ist kaputt“, Ben ist enttäuscht, „schade!“ „Ja“, sagt Hans-Christoph Ebert, „diese Orgel pfeift aus dem letzten Loch. Deshalb soll eine neue Orgel gebaut werden. Aber hier ist es etwas anderes: Beim Klavier drücke ich eine Taste und höre sofort einen Ton. Bei der Orgel reicht das nicht. Ich brauche auch Luft für die Pfeifen, um Töne erzeugen zu können.“ „Also ist das so wie bei einer Flöte“, unterbricht Sophie, „aber wo bläst man denn hinein?“

„Ganz hinten in der Orgel gibt es eine Windmaschine“, erläutert Hans-Christoph Ebert. „Von dort führen kleine Rohre zu den einzelnen Pfeifen. Wenn ich eine Taste drücke, dann bläst die Luft in die Pfeife und erzeugt einen Ton.“ „Aber warum ist dann vorhin nichts passiert, als Hanna die Tasten gedrückt hat?“ fragt Sara. „Weil ich erst den Motor für die Windmaschine einschalten muss“, antwortet Hans-Christoph Ebert. „Wenn ihr einen Moment still seid, dann könnt ihr das gleich ganz leise hören.“ Die Kinder halten die Luft an. Erst hören sie ein Klacken, dann ein leises Brummen und schließlich ein ganz sanftes Pffft.

„Jetzt ist die Luft in den Pfeifen angekommen“, sagt Hans-Christoph Ebert, „nun kannst du spielen.“ Und Hanna beginnt noch einmal zu spielen. Jetzt können es alle hören: Für Elise von Ludwig van Beethoven. Erst zucken die Kinder zusammen: „Das ist aber laut hier oben!“ Dann wollen sie alle auf einmal auf der Orgel spielen. „Dürfen die Kinder auf der Orgel spielen?“ fragt Margit Lemke. „Ja, gerne“, antwortet Hans-Christoph Ebert, „jedes Kind in Stellingen soll einmal auf unserer Orgel gespielt haben. Denn auf ihr zu musizieren ist eine Erfahrung, die den Kindern im Gedächtnis bleiben wird.“ Und alle Kinder wollen die Tasten drücken.

Plötzlich stutzt Selina: „Ist das hier ein drittes Klavier? Sie zeigt auf die Pedale. „Nein“, lacht Hans-Christoph Ebert, „die Orgel wird mit Händen und Füßen gespielt.“ Er setzt sich auf die Orgelbank und spielt. Jetzt erklingen auch tiefe und kräftige Töne. Die Kinder staunen. „Was sind das für Hebel?“ fragt Yannik. „Das sind Register“, erklärt Hans-Christoph Ebert. „Damit kann ich einstellen, welche Pfeifen gespielt werden und wie sie klingen sollen.“ Er spielt nun dieselbe Melodie mit verschiedenen Einstellungen der Register. Mal klingt es wie eine Trompete, ein anderes mal wie Flöten und dann wie Geige, Flöte und Trompete zusammen. Die Kinder sind überrascht. „Da ist ja ein ganzes Orchester drin!“ Leonie ist begeistert. „Gibt es auch ein Schlagzeug?“ fragt Ahmet. „Nein“, antwortet Hans-Christoph Ebert, „das geht nur bei einer elektronischen Orgel.“

Es gibt so viel zu entdecken. Die Zeit geht ganz schnell vorbei. „Wir müssen wieder zurück in die Schule“, drängt Margit Lemke, „vielen Dank für das Zeigen der Orgel.“ „Wann können wir endlich sehen, was hinten in der Orgel versteckt ist?“ fragen nun Sophie und Selena. „Ihr könnt gerne noch einmal wiederkommen“, verabschiedet Hans-Christoph Ebert die Kinder. „Oh ja!“ rufen sie begeistert.