Mittendrin

Kirche im Quartier

Evangelisch in Altona: Da sein, wo Menschen sind

Pastorin Merle Schroer mit ihrem Hund

Kirche mitten im Leben

Mitten in Altona entsteht gerade etwas Besonderes: das Neue Amt Altona – ein genossenschaftlich organisierter Ort für Gastro, Coworking und nachbarschaftliches Miteinander, der zurzeit noch im Aufbau ist. „Evangelisch in Altona“ ist mittendrin – mit Merle Schröer als Ansprechpartnerin. Nicht hinter einer Kirchentür, sondern direkt am Tresen. Im Interview erzählt sie, worum es ihr geht. 

Ein Ort für Begegnung mitten in Altona

Mutsa Chiwakata: Mitten in Altona entsteht gerade etwas Besonderes: das Neue Amt Altona. Was genau ist das für ein Ort?
 

Merle Schröer: Ein genossenschaftlich organisierter Ort mit Gastro, Coworking und Raum für nachbarschaftliches Miteinander. „Evangelisch in Altona“ ist mittendrin. Ich bin dort Ansprechpartnerin – nicht hinter einer Kirchentür, sondern direkt im Quartier. In einem Café, an einem Tresen. Ein Ort für Gespräche, spontane Begegnungen, Seelsorge im Vorbeigehen. Im Interview erzähle ich, worum es mir geht – und warum Kirche nicht immer Programm braucht, aber immer ein offenes Ohr.

Alltag in Altona – sichtbar sein im Viertel

Mutsa Chiwakata: Was bedeutet Ihnen Altona – als Stadtteil, als Arbeitsumfeld?

Merle Schröer: Ich lebe hier, arbeite hier, bin mit dem Hund unterwegs, mit dem Rad, bin bei Stadtteilinitiativen sichtbar. Ich glaube, das macht viel aus. Man erkennt mich wieder, weiß, die gehört einfach dazu – das ist ein Stück Vertrauensvorschuss. Und es hilft mir, in der Arbeit anzukommen.

Mutsa Chiwakata: Wie sind Sie zu „Evangelisch in Altona“ gekommen?

Merle Schröer: Es ist meine erste Stelle nach dem Vikariat – und ich habe mich sehr gefreut, dass es eine Projektstelle ist. Ich mag das: ausprobieren, vernetzen, schauen, was möglich ist. Und ich glaube, ich bin für diese Form von Kirche mitten im Alltag der Stadtgesellschaft besser geeignet als für die klassische Gemeindearbeit.

Mutsa Chiwakata: Was ist die Idee hinter dem Projekt? 

Merle Schröer: Wir wollen eine Anlaufstelle schaffen für alles, was irgendwie mit evangelisch zu tun hat. Und zwar mitten im Leben – ohne Anmeldung, ohne Schwellenangst. Man läuft durch Altona, hat eine Frage oder merkt, man braucht gerade mal ein Gespräch – und dann steht da ein Mensch hinterm Tresen. So einfach. Kein Programm, keine Predigt – einfach da sein.

Fragen des Alltags, Gespräche auf Augenhöhe

Mutsa Chiwakata: Welche Menschen kommen zu Ihnen?


Merle Schröer: Die meisten kommen allein und sind zwischen 25 und 65 Jahre alt. Ganz unterschiedlich – auch viele interreligiöse Kontakte. Manche erzählen, sie seien getauft oder konfirmiert, aber seit Jahren nicht mehr in einer Gemeinde. Und dann kommen diese ganz alltäglichen Fragen: „Ich würde gern in einen Chor – wo finde ich einen?“ oder „Wie funktioniert das mit dem Kircheneintritt?“ Und manchmal, da merkt man, es geht um mehr – Einsamkeit, familiäre Themen, Sinnsuche. Aber das kommt erst später im Gespräch. Niemand kommt und sagt: „Erzählen Sie mir mal was über Gott.“ Und das ist auch okay so.

Zusammenarbeit im Stadtteil: Chickpeace

Mutsa Chiwakata: Welche Initiative fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an die Arbeit im Quartier denken?

Merle Schröer: Chickpeace. Sie sind mit uns im Haus – machen Gastro mit und von geflüchteten Frauen. Früher waren sie in verschiedenen Großküchen im Industriegebiet, jetzt sind sie mitten im Stadtteil. Und die Frauen werden plötzlich gesehen – von außen, aber auch von ihren Familien. Das ist so stark. Und wir stehen dann einfach mit dabei. Evangelisch in Altona – zusammen mit syrischen Frauen in der Küche. Das ist gut.

Mutsa Chiwakata: Was bedeutet „evangelisch“ für Sie in diesem Zusammenhang?

Merle Schröer: Es bedeutet vor allem: eine Haltung. Offenes Ohr, offenes Herz. Ansprechbar sein. Nicht die große Kirche repräsentieren, sondern ein Mensch sein, der versucht, für andere da zu sein. Nicht belehrend. Einfach: ansprechbar.

Kirche als gute Nachbarin

Mutsa Chiwakata: Sie haben im Gespräch gesagt, Kirche sei in Altona nicht mehr automatisch relevant. Was heißt das für Ihre Arbeit?
 

Merle Schröer: Kirche ist hier nicht die große Instanz – und das ist vielleicht auch gut so. Wenn wir weiterhin relevant sein wollen, weil wir glauben, dass das etwas Gutes ist, dann müssen wir uns mit Altona verbinden. Nicht warten, dass jemand kommt – sondern hingehen. Nicht die Deutungshoheit haben – sondern eine gute Nachbarin sein.

Mutsa Chiwakata: Was wünschen Sie sich für die Zukunft von „Evangelisch in Altona“? 

Merle Schröer: Dass der Bau fertig wird. Und dass das, was wir da machen, wirklich ein Ort wird, wo Menschen sich begegnen. Wahrhaftig. Unterschiedlich. Nicht alleine sein – das ist vielleicht das größte Ziel. Und dass wir als Kirche da einfach dazugehören, ganz selbstverständlich.

Quartiersarbeit gemeinsam denken

Mutsa Chiwakata: Und was würden Sie Gemeinden sagen, die sich mehr ins Quartier öffnen möchten?

Merle Schröer: Überlegt euch, mit welchem Anspruch ihr unterwegs seid. Müssen wir wirklich alles können? Oder können wir nicht sagen: Wir bringen etwas mit, was andere vielleicht nicht haben – und das machen wir stark. Und dann nicht alles allein machen, sondern in Kooperation. Das bringt viel mehr.

Kirche im Gespräch – und mitten im Leben

„Evangelisch in Altona“ ist keine neue Gemeinde – sondern ein neuer Ort, an dem Kirche wieder nah wird. Am Tresen. Im Gespräch. Und im Netz. Beim gemeinsamen Tun mit anderen. Merle Schröer zeigt: Relevanz entsteht nicht durch Programme – sondern durch Präsenz. Vielleicht ist das der Anfang einer anderen Kirche – nicht im Zentrum, aber mittendrin.

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