LutherGarten Bahrenfeld

„Hier merken wir, dass wir als Gemeinschaft etwas bewegen können“

Bienen sammeln Nektar im LutherGarten

Das Miteinander von Mensch und Natur

Umgeben von Industrie und Friedhöfen liegt ein kleines Stück Paradies: Der LutherGarten bietet den Menschen einen Ort des Rückzugs sowie der Gemeinschaft. Biologische Vielfalt und der Schutz von Pflanzen und Tieren steht beim Projekt im Fokus, erklären die Mitarbeiterinnen im Interview. 

Wer den LutherGarten in Hamburg-Bahrenfeld betritt und einen Moment innehält, hört vor allem eins: Stille, wie sie nur in der Natur vorkommt. An diesem Ort arbeitet seit Mai Karen Schueler-Albrecht und tritt damit die Nachfolge von Barbara Bruder an. Die weiß ihr Herzensprojekt bei Karen in guten Händen, die Einarbeitung und Begleitung wird noch eine Weile dauern – kein Wunder, kommen im LutherGarten doch eine Vielzahl von Projekten, Gruppen und Menschen zusammen.

Wir sprachen mit den beiden über die kleinen und großen Projekte im LutherGarten für das Klima und die Artenvielfalt, was er den Menschen zurückgibt – und welchen Herausforderungen man hier begegnet. 

„Wir wollen diesen Ort mit Leben und Gemeinschaft füllen“

Hühner im LutherGarten Bahrenfeld

Christian Schierwagen: Wie ist die Idee zum LutherGarten entstanden und welche Hauptziele verfolgen Sie mit diesem Projekt?

Barbara Bruder: Die Idee entstand dadurch, weil es hier mitten in Bahrenfeld 2014 noch eine Brache gab, die vor allem zum Müllabladen genutzt wurde. Dann kamen der Pastor und einige Kita-Eltern auf die Idee, einen Gemeinschaftsgarten daraus zu machen und fingen an, aufzuräumen. Und nachdem man sehr, sehr viel Arbeit hineingesteckt hat, ist dieser Ort über die Jahre weiter gewachsen, inzwischen auf 1,3 Hektar Gemeinschaftsgarten. 

Der LutherGarten ist ein Ort zum Ausprobieren und Erleben der Natur.

Barbara Bruder
Sonnenblumen wachsen im Luthergarten

Das Hauptziel war damals und ist es auch heute noch, diesen Ort mit Leben zu füllen. Und zwar einerseits mit Pflanzen, Tieren und Insekten, aber eben auch mit Gemeinschaft: Hier bauen Menschen ihr eigenes Obst und Gemüse an, sie grillen und gärtnern gemeinsam und nutzen diesen Ort zum Ausprobieren und Erleben der Natur. Gerade für Kinder ist es natürlich total schön, einen Platz mitten in der Stadt zu haben, in der sie der Natur nahe sein können. Nicht zuletzt geht es uns darüber hinaus auch um Umwelt- und Klimaschutz.

Karen Schueler-Albrecht: Und gerade bei letzterem geht das am besten beim Doing und Zeigen, beispielsweise bei Projekten mit Kitas, Schulen und Pfadfindergruppen. 

„Hier darf Natur einfach Natur sein“

Foto des Steinaltares im luthergarten-bahrenfeld

Schierwagen: Welche konkreten Maßnahmen zur Förderung des Klimaschutzes werden hier umgesetzt?

Bruder: Mit diesem einzigartigen und weitläufigen Areal wollen wir Biodiversität erhalten und fördern, wir geben hier Lebewesen einen Ort, in der die Natur einfach Natur sein darf. Wir haben beispielsweise Blühwiesen, haben hier Pflanzen angebaut, die besonders wertvoll für unterschiedliche Tiere sind, bieten Nisthilfen für Vögel und Fledermauskästen.  

Weiterhin versuchen wir unseren Wasserverbrauch insofern einzuschränken, dass wir klimaangepasste Gemüsesorten wählen, also regionale und/oder nicht allzu wasserintensive Arten und das Regenwasser sammeln. Darüber hinaus setzen wir in einem Teil des Gartens auf Permakultur. 

Bei der Permakultur werden Kreisläufe der Natur nachgeahmt, um dauerhafte, sich selbst erhaltende Systeme zu schaffen. Der Begriff setzt sich aus „permanent“ und „agriculture“ zusammen. Weitere Informationen finden Sie beispielsweise bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Schueler-Albrecht: Grundsätzlich wollen wir ressourcenschonend arbeiten, haben beispielsweise nahezu keinen „Müll“, weil wir nach Möglichkeit alles weiterverwerten, beispielsweise Hühnermist, den wir als Dünger bei der Permakultur verwenden. 

„Ohne die Arbeit der Ehrenamtlichen gäbe es den LutherGarten nicht“

Das Gewächshaus im LutherGarten Bahrenfeld

Schierwagen: Inwiefern binden Sie die Gemeinde und Ehrenamtliche in die Arbeit des LutherGartens ein?

Schueler-Albrecht: Der LutherGarten ist die Gemeinde. Hier finden Gottesdienste statt und es kommen Menschen aus verschiedenen Gemeinden zusammen, wir sind also einerseits ein Gemeindeprojekt und gleichzeitig übergemeindlich, auch in dem Sinne, dass die Nordkirche hier oft Veranstaltungen macht. Und ohne die Arbeit der Ehrenamtlichen gäbe es den LutherGarten auch nicht.  

Bruder: Und die Menschen im Garten teilen sich in Gruppen für alle Bereiche des Gartens, die ihre eigenen Kommunikationskanäle haben, sich selbstständig treffen und im besten Fall nicht-hierarchisch und gemeinschaftlich entscheiden: Was bauen wir an? In welche Richtung soll es diese Saison gehen? Was müssen wir bauen, was brauchen wir für Werkzeuge? 

Darüber hinaus haben wir eine übergeordnete Struktur für größere Entscheidungen, nämlich viermal im Jahr eine Vollversammlung und einen von den Nutzenden gewählten Gartenrat für alle Entscheidungen, die zwischen den Versammlungen anstehen oder nicht in der Großgruppe entschieden werden können. 

„Die Menschen merken: Was ich hier tue, bewirkt etwas“

Pflanzen wachsen im Beet des LutherGartens

Schierwagen: Welche Rolle spielt dieses Gemeinschaftserlebnis Ihrer Meinung nach im Kontext von Klimaschutz und Nachhaltigkeit?

Schueler-Albrecht: Das Schönste ist hier, dass alle Leute kommen können, um sich auszuprobieren und die konkrete Erfahrung machen: Das, was ich hier tue, bewirkt etwas. Die eigene Handlungsfähigkeit, die viele von uns sonst vielleicht beim Thema Klimaschutz vermissen, ist hier im Garten einfach zu spüren.  

Und zwar direkt: Ich möchte eine konkrete Idee umsetzen, dafür gehe ich zur Leitung, die unterstützt beim Vorhaben beispielsweise finanziell oder durchs Netzwerken und Zusammenbringen. Und bei dem Gartenrat und Vollversammlungen haben wir konkrete demokratische Entscheidungsprozesse, an denen die Leute teilnehmen und merken: Das bringt etwas. 

Der LutherGarten gibt uns die Idee von einem lebenswerten Leben.

Barbara Bruder

Bruder: Man kann hier den Wert der Natur erleben und merken, was sie für unser Leben bedeutet – und eben auch, was es bedeutet, diese Räume zu verlieren. Die Menschen kommen in dieses kleine Paradies und merken, dass sie genau so einen Ort brauchen. Der LutherGarten gibt uns eine Idee von einem lebenswerten Leben, zeigt uns, wie die Welt sein könnte und an manchen Orten immer noch ist. Das kann immens stärken im täglichen Kampf gegen den Klimawandel. 

„Über allem steht natürlich das Geld“

Ein Einblick in den LutherGarten Bahrenfeld

Schierwagen: Vor welchen Herausforderungen stehen Sie bei der Umsetzung der Klimaschutzprojekte?

Schueler-Albrecht: Über allem steht natürlich das Geld. Als Projekt, das größtenteils vom Kirchlichen Entwicklungsdienst finanziert wird, sind wir immer auf drei Jahre befristet. Wir wissen nicht, ob wir nach Ablauf der drei Jahre Ende 2026 weiter finanziert werden. Die aktuelle politische Lage macht uns Sorgen, auch wenn die Kirche und das Diakonische Werk uns den Rücken stärken und helfen, wo es geht. Finanziell sind wir darüber hinaus auf das freiwillige Gartengeld der Nutzenden angewiesen.  

Aber sowohl das Geld vom Kirchlichen Entwicklungsdienst als auch das freiwillige Gartengeld reichen nicht immer, um laufende Kosten des LutherGartens – unter anderem Pacht, Strom, Wasser, Grundsteuer etc. – zu decken. Wir werben eigentlich immer um Spenden.

Bruder: Genau, dabei haben wir noch so viel vor, wollen unter anderem mehr in die entwicklungspolitische Bildung gehen. So haben wir auf dem Regerhof nebenan, mit dem wir eng kooperieren, eine Kleiderkammer und wollen den Kontext sichtbarer machen: Was haben Textilien der „Fast Fashion“ für Auswirkungen auf die Umwelt, auf die Näherinnen in Bangladesch?  

Viele denken, sie allein würden nichts gegen den Klimawandel ausrichten können. Aber welches Handy ich mir kaufe, hat zum Beispiel eine Auswirkung auf Arbeiter*innen auf der ganzen Welt, die nach seltenen Erden schürfen müssen. Zu solchen Themen und Zusammenhängen, aber auch anderen, wie Permakultur, Lieferketten, Nachhaltigkeit, klimaangepasster Bepflanzung und Co. wollen wir zukünftig Veranstaltungen für Hamburg, die Nordkirche und gerne auch darüber hinaus anbieten. 

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