Kirche & Yoga

Was sagt Kirche eigentlich zu: Yoga?

Zwei Frauen und ein Mann nehmen an einem Yoga/Pilates-Kurs teil. Im Hintergrund gotische Fenster.

Zwischen herabschauendem Hund und stillem Gebet: Wie christliche Gemeinden in Hamburg neue Wege gehen – und warum Yoga dabei eine Rolle spielt.

Die Zeiten, in denen Spiritualität nur in Kirchenbänken stattfand, sind vorbei. Viele Menschen finden heute Trost, Ruhe und Gemeinschaft jenseits traditioneller Glaubensorte – etwa auf der Yogamatte. Besonders in Großstädten wie Hamburg floriert die Yoga-Szene. Während Kirchenbänke leer bleiben, sind Yogastudios oft ausgebucht. Doch statt sich abzuwenden, beginnen manche Kirchengemeinden, sich diesem Trend zu öffnen – mit spannenden Ergebnissen.

Yoga boomt – auch in Deutschland

Ob im Studio um die Ecke, bei einem Retreat am Meer oder online im Wohnzimmer: Yoga ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Laut einer GfK-Studie im Auftrag des Berufsverbands der Yogalehrenden in Deutschland (BDYoga) praktizierte 2023 jede*r fünfte Deutsche Yoga. Ursprünglich in Indien entstanden, hat sich die Lehre über Jahrtausende hinweg entwickelt und wird heute von Menschen unterschiedlichster Religionen und Weltanschauungen praktiziert.

Yoga vereint körperliche Übungen, Atemtechniken und Meditation, um Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen – mit dem Ziel, dem Göttlichen näher zu kommen. Im Westen wird Yoga heute vor allem wegen seiner gesundheitlichen Vorteile geschätzt: Es lindert Stress, verbessert die Körperhaltung, erhöht die Flexibilität und wirkt sich positiv auf die mentale Gesundheit aus. Die spirituelle Tiefe, die in Indien oft zentral ist, bleibt für viele im Westen jedoch zweitrangig.

Spirituelle Sehnsucht bleibt – aber sie sucht sich neue Wege

Dass sich Menschen heute von der Kirche abwenden, bedeutet nicht, dass sie keine spirituellen Fragen mehr haben. Im Gegenteil: Der Wunsch nach innerer Balance, Sinn und Gemeinschaft ist ungebrochen – er wird nur anders ausgelebt. In Yogakursen finden viele genau das, was sie früher in der Kirche suchten: Stille, Rituale, Achtsamkeit, eine offene Gemeinschaft.

Yoga ist dabei niedrigschwellig, wenig dogmatisch und passt sich flexibel dem Alltag an. Das spricht besonders junge, urbane Menschen an – also genau jene, die der Kirche zunehmend fehlen.

Kirche trifft Yoga – Beispiele aus Hamburg

Manche Kirchengemeinden haben das erkannt – und schlagen neue Wege ein. Zwei Beispiele aus Hamburg zeigen, wie bereichernd das Zusammenspiel von Yoga und Kirche sein kann:

„Yoga und Wein“ in der Apostelkirche Eimsbüttel

Pastorin Nina Schumann ist nicht nur Theologin, sondern auch ausgebildete Yogalehrerin. Seit 2021 bietet sie in der Apostelkirche Eimsbüttel „Yoga und Wein“ am Dienstagabend und „Yoga au lait“ am Donnerstagmorgen an. Zuerst wird gemeinsam Yoga praktiziert – direkt im Altarraum. Danach bleibt Zeit für Austausch bei einem Getränk.

Die Nachfrage? Riesig. Regelmäßig kommen rund 20 Teilnehmende, viele davon zum ersten Mal überhaupt in eine Kirche. „Wir haben etwas gesucht, das vor allem junge Menschen anzieht, die bisher nichts mit Kirche am Hut haben“, sagt Schumann. Dass Yoga offen und interreligiös ist, passt für sie perfekt zur Kirche: „Wir sind Geschöpfe mit Körper und Geist.“ Sie integriert Gebete in die Stunden und beendet jede Einheit mit einem Segen – eine sanfte Heranführung an christliche Spiritualität.

„Christliches Yoga“ in Hamburg-Horn

Auch die evangelische Kirche Horn hat Yoga für sich entdeckt. Seit August 2023 bietet sie einmal wöchentlich „Christliches Yoga“ an – mit Körperübungen, begleitet von Bibelversen und geistlichen Impulsen. Noch steht dieser Ansatz in Hamburg am Anfang. Doch das Interesse wächst. Ein Beispiel: Das Buch der Yogalehrerin Pia Wieck, die christliches Yoga weiterentwickelt hat, zeigt, wie Glaube und Bewegung zusammenfinden können. Ihr Ansatz: den Glauben körperlich erfahrbar machen.

Offene Türen statt erhobener Zeigefinger

Auch Rebecca Assif, eine junge Pastorin aus Wilhelmsburg, die sich immer wieder neuen Formaten öffnet, ist begeistert von den Yoga-Angeboten. Sie sagt: „Ich finde es prima, wenn wir als Kirche eine Bereitschaft für neuartige Kooperationen zeigen – zumal im Bereich der Spiritualität. Kirche kann ein guter Ort für Yoga sein. Wir stehen allen Menschen offen – wie auch der Yoga-Lehre.“ Für sie ist klar: Eine moderne Kirche orientiert sich an den Lebensrealitäten der Menschen – und bewegt sich auf sie zu.

Ein Duo mit Potenzial

Yoga und Kirche – das klingt im ersten Moment nach einem ungewöhnlichen Paar. Doch beide teilen zentrale Werte: Achtsamkeit, Verbundenheit, Sinnsuche. Und beide können voneinander lernen. Während Yoga einen körperlichen Zugang zur Spiritualität bietet, kann die Kirche ihre tiefe Symbolik und Gemeinschaftsstruktur einbringen.

In Hamburg zeigen die ersten Pilotprojekte, wie gut diese Verbindung funktionieren kann. Noch steht die Kooperation am Anfang – aber sie hat das Potenzial, viele Menschen neu für Spiritualität zu begeistern.

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