Christian Schierwagen: Frau Fehrs, was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an der Nacht der Kirchen?
Bischöfin Kirsten Fehrs: Die Vielfalt. Auf der einen Seite die ökumenische Vielfalt, die sich bei dieser Veranstaltung besonders deutlich zeigt, und auf der anderen Seite das kulturell vielfältige Angebot, das sich durch die ganze Nacht zieht und so viele unterschiedliche Menschen anspricht. Besonders ist für mich darüber hinaus zu merken, wie bewegt die Leute sind, vor allem emotional.
Ich durfte schon als Pröpstin die Anfänge der Nacht der Kirchen begleiten. Damals war ich noch Hauptpastorin in St. Jacobi, und es war wundervoll, so vielen interessierten Menschen zu begegnen, sie eine ganze Nacht lang mit Kirchenführungen an geheimen Orten zu faszinieren, Mozartcocktails zu kreieren, alle Arten von Musik nicht nur zu hören, sondern zu erleben… Sie müssen sich vorstellen: Unser Kirchenmusiker hat damals ganze Opern aufgeführt – ein Abend lang nur italienische Opern mit einem Kirchenchor!
Mal etwas Neues ausprobieren, sich auf Neuland begeben, Gemeinschaft, auch Nachdenklichkeit – all das ist für mich die Nacht der Kirchen. Sie merken, dass ich eine gewisse Begeisterung für dieses Thema nicht verbergen kann (lacht).
Schierwagen: Das ist verständlich, schließlich ist die Nacht der Kirchen in Hamburg auch eine Chance, Kirche von einer anderen Seite zu erleben bzw. auch zu bemerken, was sie gesellschaftlich bietet – das ist nicht allen Leuten klar.
Fehrs: Die Nacht der Kirchen ist letztlich das, was wir als evangelische Kirche grundsätzlich vermitteln wollen: Sie ist gemeinschaftsstiftend. In einer Zeit, wo die gesellschaftliche Polarisierung zunimmt, werden Orte, an denen sich die unterschiedlichsten Menschen gemeinsam freuen, miteinander ins Gespräch kommen oder nachdenken können, mehr denn je gebraucht. Das muss nicht einmal über das Wort passieren; ich kann auch mit jemandem gemeinsam über Kabarett lachen und bin darüber ganz stark mit anderen verbunden.
Bei der Nacht der Kirchen ist die besondere Botschaft des Evangeliums stets präsent – ganz gleich, welches Motto gerade aktuell ist. Und diese Botschaft heißt: Segen, Freiheit, Hoffnung. Hier können wir als Kirche einen eigenen Akzent setzen und uns von einer reinen Kulturveranstaltung auch ein stückweit abheben.